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(c) Simon Fowler/Warner
Und da sagt man, dass die Schwarzkopf manieriert sang!?“, so unkte vor einiger Zeit eine berühmte Sängerin, nachdem sie an der Wiener Staatsoper einen Verismo-Schocker mit Angela Gheorghiu in der Titelrolle besucht hatte. ‚La Draculette’, wie man die rumänische Diva gern nennt, singt fast nur noch die theatralischen Rückzugs-Partien dieser ‚Bronzenen Ära’ der italienischen Oper. Wo es zum guten Ton gehört, zu kreischen, zu kratzen und zu klagen, bis der Theaterarzt kommt. Das muss so.
Da es im Verismo oft um Sängerinnen geht, die sich selber spielen (z.B. „Tosca“), ist Gheorghiu hier optimal aufgehoben. Sie fand auf die Frage, was eigentlich eine Diva sei, einst die ultimative Antwort: „Ich!“ – Erfreulicherweise dringt sie auf ihrem neuen Album „Eternamente“ in unbekannte, auch staubigere Ecken vor. Arien aus Giordanos „Sibiria“ oder Leoncavallos „Gli zingari“ findet man nirgendwo sonst auf diesem Niveau. Als ihr Duett-Partner für „Cavalleria rusticana“, „Andrea Chenier“ und „Mefistofele“ tritt immerhin Joseph Calleja an, allerdings ohne an Glamour mithalten zu können. Gheorghiu hatte immer ein gutes Händchen für Tenöre. Mit Roberto Alagna war sie verheiratet (und hielt auf der Bühne meist seine Linke). Und eigentlich war sie es auch, die Jonas Kaufmann entdeckte.
Mit heute 52 Jahren befindet sich Gheorghiu in einem fortgeschrittenen Stadium ihrer Karriere. Das Timbre hat kaum an Klang und nichts an Dramatik eingebüßt. Man hört noch immer, warum viele sie lange Zeit für die glamourösere Alternative zu der sechs Jahre jüngeren Anna Netrebko hielten. Und zu Recht. Denn in Verismo-Fragen ist Gheorghiu der Kollegin unbedingt überlegen.
Ihr herrlich flimmernder, eleganter und flamboyanter Sopran wirkt heute leicht angelaufen; etwas fragiler und unfreier auch. Die Gefahr des Strauchelns scheint ihrer Kunst inhärent, und genau das kommt den effektvoll scheiternden Damen des neuen Albums zugute. In Stefano Donaudys „O del mio amato ben“ scheint eine Königin nach dem Geländer zu hangeln. In „Ed ora conoscetela“ aus Leoncavallos „La bohème“ verlangt’s nach Elan und Lebensfreude. Dass sie in Ponchiellis „Suicidio“ (aus „La Gioconda“) eindeutig die Grenze zum Geschmacklosen überschreitet – leider ein Tiefpunkt! –, mag man ihr nachsehen. Bei „Vissi d’arte“ aus „Tosca“ tritt sie mutig in Konkurrenz zu sich selber. Und lässt großartig die Todesnähe der Tosca ahnen.
Man nennt das alles: goldenen Herbst. Die Stimme ist intakt, dennoch verströmt der Gesang etwas spätlingshaft Überreifes. In der Prager Philharmonie (dirigiert vom Chef Emmanuel Villaume) hat man sich ein sehr gutes, wenn auch kein italienisch waschechtes Ensemble engagiert: Es klingt zu konzertant.
Wie so oft in den letzten Jahren vermittelt Gheorghiu auch hier einen herrlich anachronistischen Nimbus allergnädigster Herablassung. Die Leute sollen gefälligst zu schätzen wissen, was sie ihnen überlässt. Und irgendwie tut man das auch. Übrigens, die Sängerin, welche die eingangs zitierten Vorbehalte in Wien mitteilte, war Christa Ludwig. Sie sagt bekanntlich über sich selber: „Ich wär’ so gern eine Primadonna gewesen …“
Warner Classics
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