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So müssen Orchesterreisen enden! Meine Kreditkarte gesperrt, Visum ausgelaufen, Handy leer. Lost in translation! Derlei Abenteueraspekte garantieren heute nur noch wenige Reiseziele. Auf Moskau ist Verlass. Laut, benzinstinkend, gigantomanisch. Sogar Claudio Abbado droht mit Dirigier-Streik, als er nach vier Stunden im Dauer-Verkehrsinfarkt beim Hotel ankommt. Selbst ihm wird der Horrortrip Moskau bei einer Wiederbegegnung nach Jahrzehnten – zu viel.
Abbado ist auch deswegen heute eine Legende, weil er kaum dirigiert. Sein Lucerne Festival Orchestra aus Stars und Getreuen zaubert im Schlaf – und liest der Sphinx unter den Dirigenten jeden Wunsch von den Augen ab. Regelmäßig geht man auf Tour. Abbado wäre lieber nach St. Petersburg gereist, wie man am Rand des Moskauer Konzerts erfährt. Im kreisrunden, weiß getünchten Tschaikowsky-Saal – erbaut für den Moskauer Avantgarde-Regisseur Meyerhold – fühlt man sich wie im Innern einer Hochzeitstorte.
Zur Vormittagsprobe sitzt auch Natalia Gutman im Publikum. Sie hat das Orchester vor zehn Jahren mitbegründet, nunmehr eine reizend russische Matruschka mit Topf-Frisur. Nach der Abendvorstellung mit Bruckners Erster und Mozarts Klavierkonzert Nr. 17 (mit Maria João Pires) werden so viele Blumen aus dem Publikum hochgereicht, dass am Ende jede einzelne Musikerin einen Strauß in Händen hält. Die russische Liebe zur Klassik: immer noch glühend und ungebremst.
In Moskau sitzt das Geld, sagen Russland-Kenner. Weshalb sich hier musikalisch mehr bewegen lässt. Seit letztem Jahr möbelt Vladimir Jurowski das ehemals Staatliche Sinfonieorchester neu auf. Das Bolschoi Theater blinkt nach Renovierungskosten von rund 1 Milliarde Dollar in neuem Gold. Täuschen wir uns, oder darf das Konzert tatsächlich erst beginnen, wenn der letzte Schwarzhändler seine Tickets verkauft hat?
Das Geheimnis des Lucerne Festival Orchestra besteht immer noch im Bewusstsein, an fragilen Sternstunden zu werkeln. Bis heute ist Abbado der innere Ruck anzusehen, den er sich geben muss, wenn er auf die Bühne kommt. Er scheint immer jünger zu werden. Gerade sein Balanceakt verleiht den Konzerten die unerreichte Aura. Auch die neue DVD mit Bruckners Fünfter wurde aktuell mit dem Gramophone-Award gekrönt. Auf nach Luzern!
Robert Fraunholzer, 30.11.1999, RONDO Ausgabe 5 / 2012
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