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Rossini braucht keine Schickeria und auch keine Rossinianer mit weltanschaulichem Achselschweiß. Der Schwan von Pesaro ist sich selbst genug und konnte allein seiner Musik vertrauen. Das wurde einmal öfter bei den 33. Rossini-Festspielen in Pesaro deutlich, in denen wieder vier goldene Blätter aus Rossinis Lorbeerkranz dargeboten wurden.
„Il Signor Bruschino“, einer der fünf Einakter, die Rossini 1812 für Venedig geschrieben hat, eine schwerelose Buffa, geriet etwas blass, in der Regie etwas zu stark Kasperltheater, die Schwachstelle der diesjährigen Saison.
Anders „Ciro in Babilonia“, gleichzeitig mit den fünf Einaktern entstanden, eine Seria, die als „oratorio“ bezeichnet wurde, um sie in der Fastenzeit aufführen zu können, weshalb in Text und Handlung halbherzig Alttestamentliches hinein gerührt wurde. Regisseur Davide Livermore hat, sehr witzig und doch ohne das Stück zu beschädigen, es quasi als mit Musik unterlegten Stummfilm in striktem Schwarz- Weiß inszeniert. Der ganz große Stern der Aufführung war Ewa Podleś, die den Ciro sang – nicht genug zu bewundern war ihre großartig-gewaltige Stimme, ebenso wie ihr herrlich komödiantisches Spiel.
Der Höhepunkt der diesjährigen Saison war unzweifelhaft die zwar sparsam aber vernünftig ausgestattete „Matilde de Shabran“, eine Semiseria aus den Jahren 1820/21. Die Geschichte des Librettos liest sich wie eine Parodie des italienischen Opernbetriebes im 19. Jahrhundert. Rossini komponierte das halbfertige Libretto, auf das dann ein zweiter Librettist ein neues Drama klebte, und was der zweite Akt mit dem ersten zu tun hat, bleibt ein Rätsel. Rossini blieb nichts anderes, als gleichsam eine Parodie dieser Parodie zu komponieren. Das ist ihm glänzend gelungen, schon dadurch, wohl einzig in der Operngeschichte, dass der führende Tenor eine bewusst komische Figur ist. In Pesaro war das kein Geringerer als Juan Diego Flórez, der derzeit wohl ungekrönte König der Belcanto-Tenöre, auf der Höhe seines Könnens, dazu noch von umwerfender Spielfreude und Komik. Auf gleicher Höhe begleitete ihn die großartige Olga Peretyatko, die so nicht minder dazu beitrug, dass dies eine Jahrhundertaufführung war.
Das diesjährige Rossini-Fest in Pesaro, wohl das liebenswürdigste Festspiel von allen, entließ den Musikfreund in Vorfreude auf nächstes Jahr, das unter anderem die schöne „Donna del Lago“ bringen wird.
Herbert Rosendorfer, 30.11.1999, RONDO Ausgabe 5 / 2012
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