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Abrissbirne verquerer Denkmalpflege: Reinhard Goebel (c) Christina Bleier
Reinhard Goebel war schon immer ein Mann der klaren Kante und Worte. Vor und abseits des Dirigenten- bzw. Geigenpults. Und so schäumt es immer wieder auf, wenn er sich sporadisch mit den Sitten und Gebräuchen in der Originalklang-Bewegung auseinandersetzt. Jüngstes Beispiel ist seine pointierte Verteidigung des Cembalisten Mahan Esfahani, der sich scharf über die Cliquenbildung in der Alten Musik-Szene beklagt hatte. „Pengbumm, mitten ins Schwarze getroffen“, so Goebel über Esfahanis Attacke. Mit einer anderen, weniger stubenreinen Formulierung hat der einstige Gründer von Musica Antiqua Köln und Fachmann für die Musik vom 17. Jahrhundert aufwärts dagegen Ende letzten Jahres für einigermaßen Aufsehen gesorgt. In einer für das Magazin „Üben und Musizieren“ geschriebenen Polemik keilt Goebel in erfrischend unbekümmerter Art gegen den Hype um die historische Aufführungspraxis aus – um sich vor allem diejenigen vorzuknöpfen, die von der „Paradiesvogel-Scheiße“ einfach nicht loskommen. Damit meinte er Musiker, die sich lieber drittklassiger Barockware widmen als dem erstklassigen Klassik-Repertoire. Mit Reinhard Goebel ist nicht gut Kirschen essen, wenn es um die modische, sinn- und verstandslose Pflege einer Musikbewegung geht, die ihm bekanntermaßen viel zu verdanken hat. Besonders mit seiner tollen Truppe Musica Antiqua Köln, die von 1973 bis 2005 hyperaktiv war, ließ er es gehörig in den Ohren klingeln, wenn er (nicht nur) liebe Altmeister auf Hochtouren brachte. Als Goebel & Co. etwa Mitte der 1980er Bachs „Brandenburgischen Konzerte“ herausbrachten, ging angesichts der furiosen Zugkraft der Einspielung ein Ruck durch die Alte Musik-Gemeinde. 1993 machte man sich sodann für Concerti des Dresdner Bach-Zeitgenossen Johann David Heinichen fulminant stark. Und 2000 wilderte man im Heiligsten des französischen Patrimoine – als Goebel mit seinen Kollegen den Soundtrack zum Lully-Streifen „Der König tanzt“ einspielte und damit sogar so manches französische Spezialistenensemble düpierte. Auch wenn Goebel 2005 schließlich aus gesundheitlichen Gründen das Aus von Musica Antiqua Köln verkünden musste, bedeutete das aber zum Glück nicht gleichzeitig den Abschied aus dem Konzert- und CD-Leben. Wenn Goebel nicht gerade als Professor für historische Aufführungspraxis am Salzburger Mozarteum dem Nachwuchs wohl jede „Paradiesvogel-Scheißerei“ austreibt, ist er als Freelancer vor allem bei modernen Sinfonie- und Kammerorchestern zu Gast und entreißt– wie etwa erst gerade Telemanns kaum bekanntes Oratorium „Holder Friede, heil´ger Glaube“ – Alte Musik dem Vergessen.
Am 31. Juli wird der aus Siegen stammende, enzyklopädisch gebildete Reinhard Goebel seinen 65. Geburtstag feiern. Vorher lässt man ihn aber noch an anderer Stelle hochleben. Und zwar erhält er am heutigen Samstag die Bach-Medaille 2017 der Stadt Leipzig überreicht. Mal schauen, was für Wellen seine Dankesrede schlagen wird. Pengbumm.
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