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Gerald Finley (c) Sim Canetty-Clarke
Ganz Rossini ist fest in der Hand von Belcanto-Spezialisten! Ganz Rossini? Nein, ein kleines Häuflein von Unentwegten, zuletzt im Theater an der Wien, rückt dem Opern-Meister des frühen 19. Jahrhunderts gelegentlich mit historischen Instrumenten zu Leibe – und nicht nur mit Diven- Power. Das bringt, bei „Elisabetta, regina d’Inghilterra“ mit Jean-Christophe Spinosi am Pult seines Ensemble Matheus, erstaunlich viel. Endlich klingen die Orchesterstimmen nicht nach Holzwolle und klangloser Füllerei. Sondern knistern, knastern und sorgen für Orchesterzunder. Sie bieten den Arien Widerstand und labbern nicht, sondern haben Biss. Alexandra Deshorties in der Titelrolle zeigt einige Sopran-Gerbsäure, ist aber eine exzellente Darstellerin. Amélie Niermeyer gelingt mit den Reifrock-Hülsen, in die Elisabetta schlüpft wie in Arbeitsanzüge, eine Deutung der Königin als „working girl“. Rossini, so lernen wir, war kein bloßer Vehikel-Lieferant für reisende Primadonnen (wie schon René Jacobs und Marc Minkowski stichprobenhaft bewiesen). Wie farbsatt Rossini komponierte, hört man erst beim scheppernden Instrumentarium der Alten Musik. Bitte mehr davon!
Im Café Imperial, der nobelsten „Free Wi-Fi“-Zone des Wiener Kaffeehaus- Lebens, klicken wir uns heute durch die (zum Teil neuen) Homepages der großen Wiener Häuser. Und lernen: Wer sich’s leisten kann, setzt immer noch auf einen möglichst bedienerfeindlichen Internet-Auftritt. Das gilt nicht für die Internet-Übersicht des Wiener Konzerthauses, die vergleichsweise übersichtlich und praktisch bleibt. Auch die Volksopern- Website ist okay.
Die Wiener Staatsoper hat es endlich geschafft, dass man nicht für jede Besetzungsfrage eine weitere, neue Seite laden muss. Endlich. Beim Theater an der Wien dagegen kommt man vom Kalender nicht einmal zu den Besetzungen. Da man so selten spielt, brüstet man sich die ganze Spielzeit über auch mit zurückliegenden Premieren. Absurd! Und beim Musikverein, dem vornehmsten Institut der Stadt, muss man, nachdem man eine Veranstaltung angewählt hatte, den ganzen Monat neu laden (und neu herunter scrollen). Nervtötend! Da gehe ich, ehrlich gesagt, lieber gleich ins Kino! Die Wiener Saison neigt sich dem Ende zu, wir dürfen es tatsächlich ruhiger angehen lassen. An großen Premieren steht nur noch „Pelléas et Mélisande“ aus (Staatsoper, ab 18.6.); aber das Werk hat Marco Arturo Marelli schon einmal in Berlin so schön inszeniert, dass ich mir jetzt kaum Besseres davon verspreche (auch nicht wegen Simon Keenlyside und Olga Bezsmertna in den Titelrollen). Im Musikverein geben sich bei den Wiener Philharmonikern zwei Altmeister die Klinke in die Hand: Mariss Jansons (16.-18.6.) und Christian Thielemann (10./11.6., zuvor am 9.6. schon im Konzerthaus und noch früher, wieder im Musikverein, als Gast mit der Sächsischen Staatskapelle, 22./23.5.). Andris Nelsons führt schon mal sein künftiges Gewandhausorchester aus (25./26.5.). Als Solist gibt sich Radu Lupu die Ehre (31.5.). Und mit dem Quatuor Ébène kommt eines der besten Streichquartette vorbei.
Ungleich (abwechslungs)reicher sieht das Angebot im Konzerthaus aus: Cameron Carpenter begleitet live an der Orgel Robert Wienes Stummfilm- Monument „Das Kabinett des Dr. Caligari“ (20.5.). Gehenswert auch das Belcea Quartet (22./23.5.), außerdem Liederabende mit Gerald Finley (30.5.) und Anja Harteros (21.6.). Die Wiener Symphoniker laden sich Jakub Hrůša ein. (6./7.6.) Gut gewiss die Recitals mit Marc-André Hamelin (22.6.) und Pierre-Laurent Aimard (29.5.); letzterer im Rahmen des großen Boulez-Schwerpunkts. Das Konzerthaus, kein Zweifel, hat künstlerisch in Wien derzeit die Nase vorn. Ober, zahlen!
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