Startseite · Interview · Blind gehört
(c) Kaupo Kikkas
Alban Gerhardt, geboren 1969 in Berlin, gehört zu den international erfolgreichsten Cellisten aus Deutschland. Bereits sein Vater Axel Gerhardt war Mitglied der Berliner Philharmoniker. Mit diesem Orchester debütierte Alban Gerhardt als 21-Jähriger. Im selben Jahr gewann er den Deutschen und den ARD-Musikwettbewerb. Daraufhin kam seine Solo-Karriere rasch in Schwung. Der Schüler von Boris Pergamenschikow konzertierte mit fast allen großen Orchestern, seine CDs erscheinen beim britischen Label „Hyperion“. Dort hat er auch unbekannte Cello-Konzerte von d’Albert, Dohnányi, Enescu, Gernsheim und Fitzenhagen wiederentdeckt. Nach Jahren in New York lebt er längst wieder in Berlin.
Unglaublich stringent und sehr, sehr gut gespielt. Barocke Aufführungspraxis würde anders klingen. Auch braucht der Ton vielleicht keinen so weiten Schweif wie hier. Auf einen gewissen Nachdruck, mit dem hier gespielt wird, reagiere ich gleichfalls eher allergisch. In einer Meisterklasse, muss ich zugeben, würde ich das nicht durchgehen lassen. Andererseits: Rostropowitsch darf das! Denn er darf alles. Ich hatte ihn noch nie Bach spielen hören. Aber das hier ist er, kein Zweifel. Ich finde Rostropowitsch wirklich toll, wir verdanken ihm 20 bis 30 Prozent unseres Repertoires. Cellistisch und technisch war er absolut phänomenal, besonders in seinen russischen Jahren. Die kleinteiligere, feinere Bogentechnik war seine Stärke nicht. Großer Ton, ganz klar. Aber er hat auch hier alles sehr gut im Griff.
Warner Classics
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Da wird das A in der fünften Position als Flageolett gespielt: eine Cellisten- Macke. Sehr gesanglich! Mit sehr schönem Ton. Gutes Vibrato. Nur ein bisschen einförmig. Ich habe keine Ahnung, wer das ist. Das etwas langsamere Vibrato deutet auf einen älteren Herrn hin. Warum? Er kriegt es nicht schneller hin, das ist ganz normal. Es erinnert mich ein wenig an Leonard Rose. Man kann die Fingersätze hören. David Geringas? Aha, ein sehr guter und sehr produktiver Cello-Lehrer, da gibt es kein Vertun.
Eine schöne, alte Aufnahme. Das Vibrato beim Geiger ist viel enger als man es heute findet. Das ist etwas, das mir auch bei neueren Sängern oft fehlt. Das Vibrato heute wird immer größer, und dadurch passen die Stimmen oft nicht zusammen … Oh, süß! Hören Sie sich dieses Glissando an. Man hat damals einfach noch mit mehr Unschuld ‚geschmiert’ als man es heute tun würde. Die Bogenstriche sind fantastisch. Erinnert mich beinahe an Emanuel Feuermann. Auch der Pianist: großartig! Er tritt auf das Pedal und erreicht trotzdem die volle Artikulation. (schwärmt) Das ist ja wirklich wie aus einer anderen Welt … Was, Gregor Piatigorsky? Tja, dann ist es ja auch kein Wunder. Den liebe ich sehr. Er hat übrigens auch die beste Musiker- Autobiografie von allen geschrieben. In Berlin unterrichtete er auch. Davon wird berichtet, die Schüler seien beim Vorspielen immer schlechter geworden – weil Piatigorsky so gut war.
RCA/Sony
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Aha, Brahms’ Erste. Ich habe sie oft gespielt, zum Beispiel mit dem Bundesjugendorchester, aber manchmal auch später noch, und zwar nach der Pause, wenn ich meinen Solo- Auftritt hinter mir hatte. Einfach so aus Freude an der Sache. Das hier hat einen großartigen Puls und Fluss. Ohne zu stromlinienförmig zu werden. Das ist sehr, sehr gut gespielt. 95 Prozent unseres Brahms-Bildes bestehen ja aus Gewohnheiten, die sich verselbständigt haben. Aber das hier finde ich sehr schön ausbalanciert. Es könnte Karajan sein. 1977? Dann spielt da mein Vater mit!
Auweia, da ist er zu spät mit dem E weggegangen … Nee, Jacqueline du Pré ist das nicht gewesen. Da war auch eben ein Glissando zu viel. Du Pré hat unser Bild dieses Elgar-Konzerts vollständig geprägt. Denn sie hat es sehr, sehr persönlich interpretiert. Das Werk hat mit Einsamkeit, mit Verlust und Weltuntergang zu tun. Bei ihr nicht! Ich weiß aber, wer da spielt. Weil es nämlich sehr, sehr gut gespielt ist. Toller Ton, und sauberer als alles, was man sonst so findet. Mit anderen Worten: Das ist Alisa Weilerstein. Eine vorzügliche Cellistin. – Übrigens wollen wir der Wahrheit die Ehre geben: Das Elgar- Konzert ist das leichteste Cello-Konzert, das wir überhaupt haben. Trotzdem sehr schön.
Decca/Universal
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Klingt wie eine sehr alte Aufnahme – aber gar nicht alt gespielt. Ist das nicht Daniel Shafran?! Ich kann ihn nicht ausstehen. Shafran, einer der heute meistbewunderten Cellisten überhaupt, besaß keinerlei Sinn für die musikalische Phrase. Er ist verantwortlich für viele schlimme Angewohnheiten, die man unter Cellisten findet, zum Beispiel das grelle Aufdrehen und anfallsartige Tremolieren. Er war effektbewusst ‚auf Teufel komm raus’. Hat geübt bis zum Letzten und tatsächlich eine unfassbar hohe Perfektion erreicht, sowohl klanglich wie auch technisch. Musikalisch aber macht das überhaupt keinen Sinn. Zu vulgär auch, wenn Sie mich fragen. Aber ich bin ja ohnehin prüde. Ich habe mich schon als Dreijähriger immer nur hinter den Dünen umgezogen. Auf Bornholm.
Das könnte da ein bisschen flotter gespielt werden. Es sind Achtel, keine Viertel. Die Bogenakzente, jaja, die sind eine diffizile Sache … Man merkt, dass das Orchester viel mehr klangliche Tiefe besitzt als der Solist selber. Im Saal würde man nichts von ihm hören, fürchte ich. Ich spüre hier auch nicht genug Fantasie. Edgar Moreau? Ich habe den Namen schon mal gehört. Er hat zumindest mehr Ahnung von dem Stück als ich, als ich damals anfing.
Erato/Warner
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Das habe ich doch mal irgendwann aufgenommen … Also, da spielt ein absoluter Hundsfott, ein Nichtsnutz und ein Charakterschwein. Das höre ich sofort! Kein Ton, keine Technik. Meine Mutter sagt immer, sie würde mich sofort erkennen. Hier muss ich ihr leider zustimmen. Das Vibrato ist eine Art persönlicher Handschrift, an der man Cellisten relativ gut wiedererkennen kann. Manchmal finde ich mich schulmeisterlicher als erlaubt. Am Klavier aber sitzt eine meiner absoluten Lieblingspianistinnen, Cecile Licad. Ich musste sie begleiten, nicht sie mich. War auch richtig so. Leider kommt man zu selten dazu, diese Zugaben im Konzert zu spielen. Wo man früher 40 bis 50 Recitals gab, sind es heute noch fünf bis zehn. Man muss weniger lernen als früher. Was natürlich praktisch ist, besonders für jemanden, der so faul ist wie ich.
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