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(c) Christine Schneider/Orfeo
Geige und Cello zählen neben dem Klavier zweifellos zu den beliebtesten Solo-Instrumenten. Da wundert es schon etwas, dass die Komponisten lange Zeit damit warteten, diese beiden auch in der Kammermusik zu einem Duo zusammenzuspannen. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckte man die Möglichkeiten, die in dieser Kombination schlummern. Drei der prominentesten Beispiele aus dieser Ära bestimmen nun auch die Trackliste des neuen Albums, das die enge Künstlerfreundschaft zwischen Geigerin Julia Fischer und Cellist Daniel Müller- Schott erneut eindrucksvoll dokumentiert. Denn die beiden finden nicht nur im Gespräch immer wieder anerkennende Worte für ihr Gegenüber. Seit dem ersten Duo- Auftritt mit dem Doppelkonzert von Johannes Brahms haben sich die beiden vor allem durch ihre gemeinsame Liebe zur Kammermusik kennen und schätzen gelernt. Dies lässt sich nun auch auf einer CD nachhören, mit der man gemeinsam den Schritt ins 20. Jahrhundert wagt. Ein Repertoire, das Julia Fischer sehr am Herzen liegt. „Natürlich wäre es auch für mich deutlich einfacher, eine Tournee mit Beethoven zu spielen. Aber man sollte sich nie auf dem ausruhen, was man schon erreicht hat, sondern immer versuchen, sich die Lust auf das Neue zu erhalten.“ Und so steht für beide neben den bereits live erprobten Sonaten von Zoltán Kodály und Maurice Ravel nun auch erstmals das Duo für Violine und Cello von Erwin Schulhoff auf dem Programm.
„Ich empfinde diese Werke für ihre Zeit als unglaublich modern. Da gibt es so viele zukunftsweisende Elemente. Außerdem sind alle drei in derselben Zeit entstanden, und die Komponisten wussten voneinander.“ Ein Umstand, der auch für Fischers Partner den Reiz dieser Auswahl noch einmal erhöht. „Schulhoff ist ein schöner Link zwischen den beiden anderen, da er ebenfalls sehr von der Volksmusik beeinflusst war und sich Gedanken gemacht hat, wie man diese Elemente in die klassische Musik einbinden und sie umdeuten kann.“ Ebenso deutlich zeigt sich für Daniel Müller-Schott bei allen dreien der Einfluss von Claude Debussy. Und das nicht nur in Ravels Komposition, deren Noten eine Widmung an Debussy tragen. Auch Kodály hatte auf Empfehlung von Béla Bártok hin die Werke des französischen Meisters genauestens studiert und wie seine beiden Kollegen danach einen ganz individuellen Weg gefunden, mit dem Vorbild umzugehen. Die Kombination von zwei Streichinstrumenten empfindet Müller- Schott weniger als Konkurrenz, sondern vielmehr als eine willkommene Ergänzung und Erweiterung der eigenen Ausdruckspalette. „Ich glaube, das Schöne an der Aufnahme ist auch, wenn man nur den akustischen Eindruck hat, dass man oft gar nicht weiß, spielt jetzt nur die Geige, oder ist auch das Cello involviert? Vieles überschneidet sich, aber trotzdem setzen die Instrumente immer wieder ganz klar ihre eigenen Akzente. Die Komponisten haben sehr darauf geachtet, dass die Gleichstellung der beiden Solisten gewahrt bleibt. Ein Instrument beginnt mit einer Idee, die dann aufgegriffen und kommentiert wird. Das ist ein ständiges Geben und Nehmen.“
Tobias Hell, 27.08.2016, RONDO Ausgabe 4 / 2016
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