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(c) Mats Bäcker
Alicia Huberman aus „Berüchtigt“ wurde die erste singende Hitchcock-Heldin auf der schweren Musiktheaterbühne. Und weil zum 100. Geburtstag der schwedischen Hollywood- Ikone Ingrid Bergman nun ausgerechnet ihre Landsmännin Nina Stemme, die gegenwärtig berühmteste hochdramatische Sopranistin, in einer von deren bekanntesten Rollen auftrat, durfte sich das Opernhaus in Göteborg internationalen Medieninteresses gewiss sein.
Dabei sind in dem nunmehr tönenden Thriller „Notorious“ nach dem glamourös-abgefeimten Film von 1946 um Nazibanden, CIAAgenten, eine ausgeliehene Geliebte und Urangranulat im Weinkeller noch weitere große Namen mit im Spiel. Komponiert hat die Oper vor dem Hintergrund von Rio im Bossa-Nova- Sound der 62-jährige Hans Gefors, ein milder Neutöner und Schwedens bekanntester Tonsetzer für das Musiktheater. Inszeniert hat der für opulente Bildershows gern gebuchte Keith Warner, der mit einer zum Teil aus dem Original kopierten Schwarzweiß-Ausstattung samt Leinwänden mit Filmstils dem alten Star-Kino seine nostalgische Reverenz erweist.
Komponiert wurde bereits mit den Möglichkeiten der Uraufführungsinterpreten im Ohr. Neben der mit bannender Bühnenpräsenz, großartigen Brünhilden-Tönen (zwei hohe Cs inklusive) und geläufigem Society- Parlando aufwartenden – freilich nicht hitchcockblonden, sondern braunhaarigen – Stemme ist Schwedens renommiertester Bariton, John Lundgren in der Cary-Grant-Rolle des Agenten Devlin aufgeboten. Der sonore Lundgren ist weniger elegant-geheimnisvoll als Grant, dafür menschlich betroffener, tiefsinniger.
Alex Sebastian, einst in Claude Raines’ Charaktergestaltung einer der manierlichsten Hitchcock-Schurken, bleibt bei dem um viele Kilos schwereren Tenor Michael Weinus ein weinerlicher Mamasohn; dafür ist dessen Mutter Katarina Karnéus hier noch dominanter. Eine „coloratura bitch“ nennt sie liebevoll ihre Interpretin. Und spielt sie als fiese Vorläuferin der Mrs. Bates aus dem „Psycho“-Motel.
100 Minuten dauert der Film, zweieinhalb Stunden die Oper. Gefors und seine Librettistin, die Dramatikerin Kerstin Perski, haben sie geschickt in fünf Akte geteilt und den Gesetzmäßigkeiten des Genres angepasst. Leider kommt Gefors’ Musik, von Patrick Ringborg im Graben geschmeidig animiert, oftmals nicht richtig von der Stelle. Aber Stemme ist die strahlende Diva, die den Abend trägt. Sie darf sogar, weil es im Theater keine Close Ups gibt, in wirkungsmächtigen Ariosi ihre Gefühle vergrößern und auf das Publikum zuzoomen.
Roland Mackes, 24.10.2015, RONDO Ausgabe 5 / 2015
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