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Wenn sich Adam Fischer und sein Bruder Iván sprechen, unterhalten sie sich kaum über aktuelle musikalische Projekte. Im Mittelpunkt der Gespräche dieses berühmten ungarischen Dirigentenbrüderpaars steht vielmehr die Politik. Denn schon lange hadern beide mit der Regierung ihres Heimatlandes, wie etwa auch ihr Freund András Schiff. Und aktuell zeigt sich Adam Fischer immer noch erschüttert von den „kriegsähnlichen Zuständen“, die er im September auf dem Weg nach Budapest an der österreichisch-ungarischen Grenze miterlebte. Er kam gerade aus dem burgenländischen Eisenstadt, wo er die 1987 von ihm gegründeten Haydn- Festspiele geleitet hatte. Natürlich hatte er sofort überlegt, wie er mit seinen Möglichkeiten als international bedeutender Musiker Zeichen der Anteilnahme setzen kann. Aber momentan glaubt er, dass es kurzfristig den Flüchtlingen wenig helfen würde, wenn er für sie Beethoven dirigiert.
Politisch motivierte Konzerte hat der 1949 in Budapest geborene und heute auch in Hamburg lebende Musiker immer wieder geleitet. Denn er versteht sich nicht nur als Künstler, sondern als einen Homo politicus, der sich regelmäßig gegen Antisemitismus und Fremdenhass ausspricht.
Seit der neuen Konzertsaison 2015/16 ist Adam Fischer nun Erster Konzertdirigent bzw. – wie es offiziell heißt – „Principal Conductor“ der Düsseldorfer Symphoniker. Doch in den kommenden fünf Jahren wird man nicht nur sämtliche Sinfonien von Gustav Mahler erarbeiten und aufführen. In jeder Spielzeit will man auch mit einem Sonderkonzert Flagge zeigen. So wird im März 2016 die Aufführung des „Deutschen Requiems“ von Brahms am Internationalen Tag der Frau stattfinden.
Mit Fischer als neuem Mann an der Spitze der Symphoniker hat man in der Landeshauptstadt von NRW einen wirklichen Coup gelandet. Schließlich gehört der 66-Jährige zu den international gefragtesten Konzert- und Operndirigenten und tritt seit 40 Jahren nur an den ersten Adressen auf. Ob an der Mailänder Scala, der New Yorker MET oder in Bayreuth, wo er nach seinem Dirigat des „Ring des Nibelungen“ 2001 vom Fachorgan „Opernwelt“ zum Dirigenten des Jahres gewählt wurde. Und auch im Konzertbetrieb ist Fischer bei den Top-Orchestern von Wien bis Chicago zu Gast.
Für sein Düsseldorfer Antrittskonzert im November hat Fischer gleich zwei Herzenskomponisten ausgewählt: Von Haydn dirigiert er die Sinfonie Nr. 88, den geplanten Mahler- Zyklus eröffnet man hingegen mit der Siebten. Dass Fischer just mit diesem Werk den Startschuss gibt, hat neben seiner Mahler-Liebe zudem noch aufführungspraktische Gründe. Bei einem Orchester, das wie die Symphoniker viel mehr Oper als Konzerte spielt, müssen die Konzertprogramme neue Herausforderungen bieten. „Schließlich werden manche Instrumentengruppen in der Oper einfach nicht gefordert. In der italienischen Oper etwa spielen die Bratschen oftmals stundenlang immer nur eine einzige banale Figur.“ Gerade bei den Mahler-Sinfonien und speziell bei der Siebten, bei der sogar Gitarre und Mandoline gebraucht werden, gibt es hingegen für jeden eine Menge zu tun. Und weil Mahler für Fischer auch ein großer Orchesterpädagoge war, der jeden Musiker und jede Gruppe besonders förderte, sind seine Sinfonien durchaus das, was er lachend als „technische Instandhaltung eines Orchesters“ bezeichnen würde.
Werke von Haydn und Mahler
20.11., 20 Uhr/22.11., 11 Uhr/23.11., 20 Uhr
Tonhalle Düsseldorf
www.tonhalle.de
Guido Fischer, 10.10.2015, RONDO Ausgabe 5 / 2015
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