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N° 1354
20. - 26.04.2024

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am 27.04.2024



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Wie hälst du’s mit der Religion? Benjamin Britten, mit Hund Clytie © Britten-Pears-Foundation www.britten-pears.com

Pasticcio

Genf liegt in Absurdistan

Für die Schweiz kommt es momentan knüppeldick. Die Banken müssen ihren ramponierten Ruf aufpolieren. In Zürich hält der Blatter Sepp die Weltöffentlichkeit weiterhin in Atem. Und nun sorgt auch noch das edle Genf für reichlich Kopfschütteln. Denn dort wird gerade heiß darüber diskutiert, ob in einem Land, das sich den Laizismus auf die Fahnen geschrieben hat, Kinder bereits einer religiösen Gehirnwäsche unterzogen werden, wenn sie in einer Kinderoper von Benjamin Britten mitmachen. Auslöser dieser Debatte war eine geplante Aufführung des 1958 uraufgeführten Musiktheaterstücks „Noye´s Flood“ (Noahs Sintflut), die Britten für Laiendarsteller bzw. für Kinder komponiert hatte. Darin bauen laut Ulrichs Schreibers „Opernführer“ „Kinder auch die Arche, bewegen die Wellen und errichten nach der Flut den Regenbogen“. Hübscher Einfall, um den Nachwuchs für die Musik zu gewinnen.
Wenngleich sich dieses Stück seit seiner Entstehung international auch in Schulen bewährt hat, schiebt jedoch jetzt die verantwortliche Bildungsbehörde des Kantons Genf einer geplanten Inszenierung den Riegel vor. Die Begründung: Hierbei würde es sich um das „Singen eines biblischen Werkes, insbesondere von Texten mit starker religiöser Konnotation“ handeln, das vergleichbar mit dem „Vollzug einer religiösen Handlung“ ist. Eine Aufführung würde daher nicht nur der „religiösen Neutralität“ widersprechen. Die beteiligten Grundschüler könnten noch gar nicht die nötige geistige Reife besitzen, um die möglichen Gefahren / Verlockungen des gesungenen Textes zu erkennen. Immerhin erlaubt die Behörde, dass die Schüler nicht nur dieses Werk anhören dürften, sondern ebenfalls „andere religiöse Werke“. Aber dann doch hoffentlich nur unter der Aufsicht der Eltern und fachkundigster Pädagogen!?! Die endgültige Nagelprobe für den radikalen Laizismus Schweizer Prägung steht wahrscheinlich jedoch erst noch bevor - wenn Weihnachten naht und all die Knabenchöre ganz traditionell das Christuskind besingen wollen.

Guido Fischer



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