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Keine schlechte Idee, das Jugendorchesterfestival young.euro.classic mit dem „Lied von der Erde“ zu eröffnen. Schließlich ist Gustav Mahler ja ein ausgesprochener Lieblingskomponist aller Jugendorchester. Wegen der Emotionalität, weil Jugendliche gute laute Musik zu schätzen wissen und weil bei den Besetzungen dieses musikalischen Kerneuropäers wirklich jeder Mitspieler gebraucht wird. Doch sieht man sich das Eröffnungsprogramm genauer an, stutzt man plötzlich: das „Lied von der Erde“, mit dem das Festival am 5. August in Berlin eröffnet wird, stammt gar nicht von Gustav Mahler! Sondern von dem chinesischen Komponisten Xiaogang Ye. Der liebt zwar hörbar den Klang der großen Sinfonieorchester europäischer Tradition. Nur von den Übersetzungen chinesischer Gedichte, die Mahler für seine Komposition benutzte, hielt er wenig. Er komponierte das Werk also kurzerhand neu: auf die Worte der chinesischen Originale. Aber womöglich passt das als Eröffnung noch besser. Warum? Das ist eine andere Geschichte.
Genauer gesagt: eine längere Erfolgsgeschichte. Als es im Jahr 2000 startete, war young.euro. classic nämlich nur als einmaliges Ereignis geplant. Doch das Gipfeltreffen europäischer Jugendorchester wurde zu einem derart durchschlagenden Erfolg, dass man sich bereits vor dem Schlussakkord an die Planung einer Neuauflage machte. Seitdem bevölkert mitten im kulturellen Sommerloch der Hauptstadt ein buntes Volk Saal und Freitreppe des Konzerthauses am Berliner Gendarmenmarkt (dieses Jahr vom 5. bis 22. August). Statt Routine im Frack gibt es unter oft namhaften Dirigenten junge Musikerinnen und Musiker zu erleben, denen die Freude am Gelingen noch ins Gesicht geschrieben steht. Dass auch Publikum und Repertoire jünger und weltoffener als gewöhnlich wirken, dafür sorgen sowohl Eintrittskarten zum Kinopreis als auch die obligatorischen Uraufführungen.
Doch die internationale Jugendorchesterszene ist in Bewegung geraten – und damit das Festival. Neben den nationalen Orchestern, die vor allem in Osteuropa noch eine besonders große Rolle als Botschafter und Stifter nationaler Identität spielen, gewinnen in westlichen Ländern international zusammengesetzte Jugendorchester an Bedeutung. Grund genug, jenseits westeuropäischer Nabelschau nach neuen Perspektiven zu suchen – und zu einer virtuellen Reise aufzubrechen. Sie führt nun von Schottland und Italien über das Baltikum, Russland, Belarus und die Ukraine bis nach Kasachstan. Doch nicht alle Reisen des Festivals bleiben virtuell: Neben einem Abstecher ins Hamburger Thalia Theater (12. bis 14. August) wird young.euro.classic am 21. August in der Zeche Zollverein in Essen gastieren. Hier, wo es sich mit dem Festival bestens um den Titel der europäischen Kulturhauptstadt 2010 werben lässt, werden sechzig Jahre nach Kriegsende zwei Jugendorchester aus Russland und Deutschland zu einem gemeinsamen Workshop-Orchester zusammenschmelzen.
Ziel der Reise aber ist China, das seit einigen Jahren einen Boom europäischer Klassik erlebt. Die Frische der dortigen Begeisterung ist für Europäer genauso spannend zu erleben wie das viel ungebrochenere Verhältnis zu Traditionen. Wie viel China auch immer im neuen „Lied von der Erde“ steckt: es dürfte nach Zukunft klingen.
Carsten Niemann, 28.03.2015, RONDO Ausgabe 3 / 2005
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