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(c) Barbara Pálffy
Hetero-Männer sind die besseren Frauen-Darsteller, fast immer! Die Rede ist von Travestie- Rollen. Davon gibt es in der Opernliteratur einige, aber nicht viele. Die dicke Köchin in Prokofjews „Liebe zu den drei Orangen“ gehört dazu: Stimmlage Bass. Bekannter – und mit einem Haute-contre zu besetzen – ist die hässliche Wassernymphe Platée in Rameaus gleichnamigem Ballet bouffon. Die dankbarste Rolle dieser Art bietet die von einem Bass-Bariton zu singende Mama Agata in Donizettis Buffa „Le convenienze ed inconvenienze teatrali“ (1831). Zu Deutsch: „Viva la Mamma“, jetzt an der Wiener Volksoper.
Martin Winkler, sonst ein gesuchter Alberich, Klingsor und Opern-Bösewicht, rafft die Stützstrümpfe, stemmt die dicken Ärmchen resolut in die Hüften und keift als Italo-Mutti die männliche Belegschaft ohne tuntigen Beigeschmack zur Ordnung. Er ähnelt eher der Häuptlingsgattin Gutemine in „Asterix“ – und passt umso besser in das Theater auf dem Theater, das sich bei Donizetti um die Aufführung einer Opera seria namens „Romulus und Ersilia“ rankt. Indem während der Proben eine Diva nach der anderen abhandenkommt, übernimmt die zeternde Mama schließlich sogar die Hauptrolle – und rettet die Aufführung auch finanziell.
In seiner dritten Regiearbeit inszeniert Rolando Villazón die Farce als Satire auf das heutige Regietheater. Die Römertragödie wird nämlich vom Regisseur auf dem Theater in „Star Wars“-Manier ausstaffiert – mit Darth Vader-Hütchen, Yoda in der Blechbüchse und einem Chewbacca im Tütü. Das Umkippen in den Ernst bekommt Villazón überraschend magisch, ja traumwandlerisch in den Griff. Jörg Schneider als Erster Tenor sieht aus, als hätte er den Airbag durch persönliche Esskünste erfunden. Kristiina Poska dirigiert einen rauchzarten Donizetti. So kann Villazón auf den Flügeln dieses Erfolgs sogleich weiterreisen an die Deutsche Oper Berlin (wo er „La Rondine“ inszeniert, ab 8.4.) und nach Baden- Baden (als Regisseur von „La traviata“, ab 22.5.). Von dieser „Viva la Mamma“ lässt sich loben, dass sich Villazón einmal nicht in clownesker Art dümmer macht als er ist. Kunststück!
Robert Fraunholzer, 31.01.2015, RONDO Ausgabe 1 / 2015
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