Jetzt haben die bei - den wieder zugeschlagen: Ungehemmt weitere Teile des Logenvorhangs und des Gestühls verzehrend las - sen sie sich über Musik und Handlung von Mozarts „Idomeneo“ so wie Humperdincks „Hänsel und Gretel“ aus. Dabei sind sie sich am Anfang wieder ein mal keineswegs einig: Während die Motte in ihrem herrlichen, leicht lispelnden Gefühlsüberschwang vollkommen mit Humperdincks Märchenoper mitgeht und sich dabei keineswegs von den Einwänden des rationalistischeren Holzwurms irritieren lässt, versucht dieser sie von dem Griechendrama „Idomeneo“ zu überzeugen: Auch in diesem Stück gebe es jede Menge Märchenhaftes wie etwa ein Ungeheuer und einen zwar traurigen, aber doch auch sehr mutigen Prinzen. Und dann hat der Holzwurm ja auch noch die ganzen spannenden Geschichten hinter der Bühne selbst miterlebt – zum Beispiel jene, als der berühmte Tenor Anton Raaff Mozart mit seinen Extrawünschen schier in den Wahnsinn trieb. Am Ende muss der Holzwurm die Volksliedmelodien von Humperdinck doch mitsummen – und die Motte hat den angeblich so schwierigen „Idomeneo“ dermaßen durchlebt, dass ihr die Flügel zittern.
Gewonnen hat in beiden Fällen wieder einmal die Opernliebe von Stefan Siegert: Er ist der Schöpfer der beiden kleinen Opernfans. Der 1946 geborene Siegert musste sich seinen Weg zur Oper allerdings noch ohne die Hilfe von Holzwurm und Motte erkämpfen. Sein erstes Opernerlebnis, so erzählt der Autor und Karikaturist, war ein ziemliches Desaster: Als 14- Jähriger habe er eine klamottige Schulaufführung der „Entführung aus dem Serail“ durchlitten: „Die Kon stanze war ein Trumm – es war mir einfach alles peinlich.“ Erst Jahre später, als er Wolfgang Hildesheimers Mozart-Essay in die Hände bekam, erwachte seine Opernleidenschaft. Als Siegert eine selbst gezeichnete und getextete Mozart-Biografie für Kinder herausbrachte, wurde der damals bei der Deutschen Grammophon tätige Produzent Günter Adam Strößner auf ihn aufmerksam und beauftragte ihn mit der Erstellung eines CD-Opernführers für Kinder: Der Holzwurm war geboren.
Dass die Produktionen inzwischen selbst das Zeug zu Klassikern haben, liegt sicher auch am glücklich gewählten Team: Ilja Richter und Silke Dornow sprechen Holzwurm und Motte mit umwerfendem Humor, präzisem Timing und vor allem ansteckender Begeisterung für die Musik. Aber auch die Sprache verlangt Fingerspitzengefühl: Holzwurm und Motte sind witzig und oft auch erfrischend respektlos. Vermeintlichen Kinderjargon zu benutzen, hält Siegert dagegen für tödlich: „Nach drei, vier Jahren klingt ein Modewort unheimlich altmodisch.“ Seinen Appetit auf Neues lebt der Holzwurm auf anderen Ebenen aus: So wird er – von einem Puppenspieler gespielt – am 6. November mit den Hamburger Symphonikern live eine szenische „Zauberflöten“-Adaption kommentieren. Und am 2. April 2006 wird er sogar erstmals einen Abstecher ins Konzert machen. Die Hamburger Laeiszhalle kann ihr Gestühl schon einmal in Sicherheit bringen.
DG/Universal
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