Startseite · Interview · Gefragt
„Wir waren dankbar, dass uns jemand ein bisschen provoziert hat“, sagt Rolf Lislevand. Drei Mal hatten er und seine musikalischen Mitstreiter im Osloer Rainbow Studio die Toccata des frühbarocken Lautenmeisters Kapsberger gespielt. Die Musik war ins Fließen gekommen, man hielt glücklich den Atem für die abschließende Stille an. Da hörten die Musiker durch ihre Kopfhörer die Stimme des Pro - duzenten Manfred Eicher: „Phantastische Atmosphäre – macht mal weiter.“ Die Musiker schüttelten ratlos den Kopf, erinnert sich Lislevand: „Das Stück dauerte nur dreieinhalb Minuten – wir waren fertig“. „Doch dann“, fährt er fort, „haben wir die Herausforderung angenommen: Der Clavichordspieler griff sich ein paar Motive heraus, stellte sie um, begann damit he - rumzuspielen, dann machte ein anderer mit – und plötzlich entstanden noch einmal drei bis vier Minuten Musik.“ Neue Musik – oder eben „Nuove musiche“, wie der aus dem Barock stammende Albumtitel heißt: gespielt auf alten Instrumenten. Organisch weiterentwickelt aus der Improvisation mit dem vorhandenen Material – und dem einfachen Bedürfnis, mehr zu hören. „Besser könnte es gar nicht sein“, findet Rolf Lislevand, „auch nicht als Konzept.“
Konzeptstark ist das neue Album des aus Norwegen stammenden und in Italien lebenden Lislevand dennoch. Denn so selbstvergessen meditativ und sinnlich das Spiel des Lautenvirtuosen auch ist, so genau kann der an der Musikhochschule Trossingen lehrende Lislevand die Versuchsanordnung zu seiner neuen CD begründen. So etwa die Entscheidung, mit Instrumenten wie Schlüsselfiedel oder historischem Kontrabass unwillkürliche Assoziationen moderner Hörer an keltische Musik oder Jazz bewusst weiterzuspinnen. „Improvisation, die nicht das Bedürfnis hat, Grenzen zu verschieben, ist eine bloße Stilübung“, erklärt Lislevand. Auch mit dem Entschluss, aufnahmetechnisch den virtuellen Raum eines Studios zu nutzen, stellt Lislevand das Verständnis von Tradition und Moderne provozierend in Frage.
„Wir verändern einfach die Proportionen“, gibt er zu. Den originalen Klangverhältnissen zu einer Zeit, in der man im intimen Rahmen vor acht bis zehn Personen spielte, komme man im Studio ohnehin weitaus näher als im modernen Konzertsaal: „Stellen Sie sich einen Lautenisten in einer hohen steinernen Kammer vor, der sich vielleicht noch zur Verstärkung des Klangs mit seinem Instrument an einen Tisch lehnt: Das ist ein unglaublicher, auch physischer Eindruck von Klang, wie bei einer modernen HiFi-Anlage. Das heutige Konzertleben ist eine große Gewalt, die man dieser Musik und ihrer Geschichtlichkeit antut.“
Carsten Niemann, 10.01.2015, RONDO Ausgabe 2 / 2006
Es ist auch in Bayreuth im Grunde ein sich stetig wiederholendes Ritual. Bei der Premiere kann eine […]
zum Artikel
Schon früh galt er als eine der aufregendsten neuen Stimmen in der zeitgenössischen Musik-Szene. […]
zum Artikel
Ein Schuss Jazz, eine Prise Film, ein Löffel Leichtigkeit: Bunte Klassik
Wie für so viele, hatte auch für den Tenor Roberto Alagna der Lockdown dramatische Folgen. In […]
zum Artikel
Ihre Wochenempfehlung der RONDO-Redaktion
An dieser Stelle finden Sie Inhalte eines Drittanbieters, die Sie mit einem Klick anzeigen lassen können.
Mit dem Laden des Audioplayers können personenbezogene Daten an den Dienst Spotify übermittelt werden. Mehr Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.
Alexander Skrjabins frühe Werke sind in ihrer Tonsprache noch stark von Chopin und Liszt beeinflusst. Die Préludes op. 13, zeigen deutliche Bezüge zu Chopin, aber auch eine visionäre Originalität, die seine zukünftige Modernität vorwegnimmt. In der berühmten Étude in cis-Moll hört man komplexe Harmonien, während die epische Leidenschaft der Fantasie in h-Moll bereits den kompositorischen Fortschritt andeutet. Die italienische Pianistin Daniela Roma hat in ihrem Heimatland und den […] mehr