home

N° 1353
13. - 23.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



Startseite · Testgelände

Fritz Wunderlich privat

Als wär´s zum letzten Mal

Kennen Sie Brahms’ „Mainacht“ gesungen von Fritz Wunderlich? Oder Wolfs „Storchenbotschaft“? Aber die hat er doch gar nicht eingespielt? Irrtum, er hat! Daheim, mit seinem eigenen Tonbandgerät.

Seit einigen Jahren hat die Familie die Auswertung der Hinterlassenschaften des 1966 verstorbenen Vaters selbst aktiv in die Hand genommen, und was sie hier ausgegraben haben, ist vielleicht die bisher größte Sensation: In den Jahren 1962 bis 1966 entstanden diese privaten Tondokumente, die der technikbegeisterte Tenor im eigenen Haus aufzeichnete. Das Faszinierende: Auch diese Momentaufnahmen aus der heimischen Sphäre – bei den ungeschnittenen Bonustracks am Ende der CD hört man auch mal eines der Kinder nach dem Vater rufen – atmen vom ersten bis zum letzten Augenblick jenen unverwechselbaren Geist des Besonderen, ja immer wieder auch des schlichtweg Vollkommenen, der die meisten von Wunderlichs professionellen Produktionen prägt. Strauss’ „Ständchen“, „Cäcilie“ oder „Ich trage meine Minne“ würde man in dieser Interpretation wohl ohne lange zu überlegen gern gegen die meisten anderen Einspielungen eintauschen, denn Wunderlich ist auf der Basis seiner gewohnten gesangstechnischen Vollkommenheit jederzeit mit einer schier unfasslichen Konzentration und Ernsthaftigkeit bei der Sache: Keine Phrase entbehrt der individuellen Ausgestaltung, kein Wort fällt unbeachtet unter den Tisch, kein Ton erklingt einfach so um seiner selbst Willen. Da stört es weniger, dass gelegentlich im Klavierpart in Ausnahmefällen auch mal bei Wunderlich der letzte technische Finish fehlt, und man sieht darüber hinweg, dass Wunderlich aus Freude an den Möglichkeiten seines Tonbandgerätes hier und da ein wenig zu sehr am Hallknopf gedreht hat. Nein, man wähnt das Vermittlungsgenie Fritz Wunderlich neben sich im selben Raum.

Neu erschienen:

Wunderlich privat

DG/Universal

Als JPC- und Amazon-Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen.

Michael Wersin, 20.12.2014, RONDO Ausgabe 3 / 2006



Kommentare

Kommentar posten

Für diesen Artikel gibt es noch keine Kommentare.


Das könnte Sie auch interessieren

Pasticcio

Pilgerstätte

In diesem Geigenmuseum im italienischen Cremona bekommen so manche Besucher vor Aufregung nicht […]
zum Artikel

Da Capo

Oper, Frankfurt

„Iwan Sussanin“, diesen Gründungsmythos der russischen Oper, nannte man früher „Ein Leben […]
zum Artikel

Pasticcio

Ein Herz mit Bach

Quer durch die Republik sind für diesen Sommer coronabedingt bereits zahllose Festivals abgesagt […]
zum Artikel


Abo

Top