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Eher ernst und nachdenklich präsentierte sich der freundliche und absolut allürenfreie knapp 30-Jährige beim Interview in seinem Büro, einer Dachwohnung in einem Appartementhaus in München-Bogenhausen. Eben zurück aus Kuala Lumpur, wo er in einem neuen Konzertsaal in den Petronas Towers mit dem einzigen Orchester Malaysias unter der Leitung eines jungen, preisgekrönten thailändischen Dirigenten Dvorˇáks Cellokonzert gespielt hatte, sah er zum Zeitpunkt des Gespräches den Aufnahmesitzungen zu seiner nächsten CD entgegen, ein hochinteressantes Projekt übrigens, auf das man gespannt sein darf: Bachs Gambensonaten mit der Kanadierin Angela Hewitt als Klavierpartnerin sind geplant. Zwar begann mit Bach vor einigen Jahren Müller- Schotts CD-Karriere (er spielte sämtliche Cello-Solosuiten ein), und er gehört als Nachwuchskünstler einer Generation an, die sozusagen gemeinsam mit der historischen Aufführungspraxis groß geworden ist – aber historisch informierte Authentizität scheint doch bisher nicht gerade im Mittelpunkt seines Interesses gestanden zu haben. Ein Thema, mit dem man bei Müller-Schott offene Türen einrennt: Er hat durchaus schon umfassende Erfahrungen mit dem Spiel auf Darmsaiten, experimentiert sogar für die Aufnahme mit Angela Hewitt intensiv mit der alternativen Bespannung seines kostbaren Goffriller-Cellos aus dem Jahre 1700.
Alte Musik und ihr Einfluss auf die Musik der klassischen Epoche: ein wichtiger Bereich in Müller-Schotts Interpretendasein und in Zukunft vielleicht eine besonders wertvolle Facette seines eindrucksvollen Könnens. Noch spektakulärer derzeit jedoch Müller-Schott als vollblütiger und atemberaubend energiegeladener Interpret romantischen und modernen Cellorepertoires: Kürzlich legte er etwa Elgars Cellokonzert auf CD vor, dabei auf Jacqueline du Prés Spuren wandelnd und doch, ganz und gar nicht gehemmt durch das große Vorbild, eine völlig eigenständige Sicht des Stücks bietend. Nicht minder aufregend Aram Chatchaturjans selten zu hörendes Cellokonzert. Für solche Literatur steht ihm ein großer, kraftvoller, warmer und runder Celloton zur Verfügung, ein unverwechselbares Timbre als Markenzeichen; er brauchte sich nicht erst freizuschwimmen von übermächtigen Vorbildern, er hat – zunächst unter Anleitung seiner drei Cellolehrer Walter Nothas, Steven Isserlis und Heinrich Schiff – beizeiten seinen ganz eigenen Weg gesucht. Dieser Weg beinhaltet auch ein Engagement für klassische Musik, das weit über die bloße Präsenz auf dem Konzertpodium hinausgeht: Müller-Schott, durchaus besorgt, was das Überleben der klassischen Kultur in unserer Spaßgesellschaft angeht, ist als Botschafter für seine Kunst häufig auch in Schulen anzutreffen. Faule Kompromisse, so meint er, sind im Rahmen dieses Engagements nicht nötig: Cross-over-Programme und ähnliche Zugeständnisse an einen vermeintlichen Publikumsgeschmack wird es von ihm definitiv nicht geben, weshalb er auch den Exklusivvertrag- Begehrlichkeiten der Majors eher kritisch begegnet. Man darf gespannt sein auf das, was dieser nicht nur hochbegabte, sondern auch schon jetzt bemerkenswert reflektiert handelnde Nachwuchskünstler noch bewirken und bewegen wird.
Orfeo
Orfeo
Orfeo
Orfeo
Michael Wersin, RONDO Ausgabe 4 / 2006
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