Startseite · Oper & Konzert · Da Capo
(c) Monika Rittershaus
Wer hätte das gedacht: Selbst bei einem so bekannten Komponisten wie Peter Tschaikowski gibt es immer noch etwas zu entdecken. Zum Beispiel seine siebte Oper „Charodeyka“ (Die Zauberin), entstanden zwischen der ukrainischen Singschlachtplatte „Mazepa“ und der verfeinerten St. Petersburger Gespenstergeschichte „Pique Dame“. Die scheinbar herkunftslose Nastasja, genannt Kuma, soll eine Zauberin sein. Sie führt im späten Mittelalter eine Lokalität am Fluss, nahe der Stadt Nischni- Nowgorod. Hier können sich Männer an einem liberalen Ort hingeben, ihre bürgerliche Existenz vergessen.
Nun hat sich Christof Loy im Theater an der Wien auf eindrückliche Weise für diese eigentlich unglückliche Frau interessiert. Denn Kuma wird zum Spielball einer dysfunktionalen Herrscherfamilie. Am Ende wird sie, die den Sohn liebt, von der hysterischen Fürstin vergiftet, der Fürst aber tötet den Prinzen und wird wahnsinnig.
Das alles dirigiert Mikhail Tatarnikov – am Pult des Radio-Sinfonieorchesters des ORF – etwas grob und laut. Christof Loy verweigert sich allem Rustikalen. Die Holzwandkiste von Ausstatter Christian Schmidt ist das beinahe einzige Zugeständnis an den ländlichen Spielort. Loy konzentriert sich auf das dichte Beziehungsgeflecht seiner Figuren, die historischen und geografischen Umstände sind nur Folie. Souverän bewegt er den toll präsenten Arnold Schönberg Chor als wuselnde Volksmasse. Die schön angetippten Nebenrollen sind immer präzis umrissen. Im Zentrum aber steht ein gemischtes Quartett. Lyrisch rein, auch mit gleißendem Sopranstahl wartet Asmik Grigorian als Kuma auf. Die dominante, aber letztlich verzweifelte Fürstin gibt bühnenfüllend Agnes Zwierko. Der Fürst des großartig zerrissenen Vladislav Sulimsky bringt mit seinem viril-sehnigen Bariton die Holzwände zum Wackeln. Und sein Sohn, Maxim Aksenov mit ebenfalls robust schneidendem, dabei biegsamem Floretttenor, gibt ihm durchaus Kontra.
Roland Mackes, 01.11.2014, RONDO Ausgabe 5 / 2014
Meldungen und Meinungen der Musikwelt
Passender hätte der Titel einer Konzertreihe gar nicht ausfallen können, die das Frankfurter […]
zum Artikel
Neu gemacht, jung gedacht
Mit U-Musik zum Break-even: Star-Bariton Dietrich Henschel setzt bei der Premiere seines LiedFests […]
zum Artikel
À la française
Nach orientalischen und böhmischen Konzerten hat der Trompeter für sein neues Album ein Schloss […]
zum Artikel
Ihre Wochenempfehlung der RONDO-Redaktion
An dieser Stelle finden Sie Inhalte eines Drittanbieters, die Sie mit einem Klick anzeigen lassen können.
Mit dem Laden des Audioplayers können personenbezogene Daten an den Dienst Spotify übermittelt werden. Mehr Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.
Der spätbarocke Dichter Barthold Heinrich Brockes (1680–1747) begründete seinen Ruhm durch die 1712 entstandene Passionsdichtung „Der für die Sünde der Welt gemarterte und sterbende Jesus“. Mit dieser hochemotionalen Schrift war er so erfolgreich, dass gleich 13 zeitgenössische Komponisten diese vertonten, darunter Händel, Keiser, Mattheson und Stölzel. Auch Georg Philipp Telemann lernte den Text 1716 kennen und schrieb in seiner Autobiographie, dass „dessen Poesie von allen […] mehr