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(c) Sun Chung/ECM Records
Ein musikalisch Suchender, ein umtriebiger Forschungsreisender in Sachen Klang, ein sprühender Kreativgeist. Über die Jahre hinweg hat er sein künstlerisches Profil, seine musikalischen Visionen aufs Kunstfertigste geschärft und auf einen Nukleus eingeschmolzen. Die Rede ist vom Jazzgitarristen Wolfgang Muthspiel, ein prägender, nicht mehr wegzudenkender Repräsentant der heutigen avancierten österreichischen Jazzszene mit umfangreicher internationaler Reputation. Präsentiert er sich doch als feinsinnig virtuoser Jazzmusiker mit einem markant eigenwilligen Sound. Eindrucksvoll auf seiner aktuellen CD „Driftwood“ dokumentiert. Erschienen ist das Album auf dem renommierten, mit mondäner Klangästhetik Maßstäbe setzenden Münchner Jazz/ Klassik-Label ECM.
Ein Ausdruck der Zufriedenheit und des Stolzes ob der Veröffentlichung umspielte seine Gesichtszüge. Zu recht, angesichts dieses kultivierten, klangsensiblen Treibens. „Es ist wirklich ein besonderes Ereignis für mich, da mit dem Label ECM meine jazzmusikalische Sozialisierung ihren Anfang nahm“, “ erläutert Muthspiel dann im Interview.
Wahrlich fasziniert war Muthspiel auch von der Arbeit des Produzenten Manfred Eicher. Ist doch Muthspiel der Meinung, dass ein guter Produzent mit Leib und Seele sich den Geschehnissen im Studio widmen sollte. „Genau das tut Eicher. Es herrscht dort während der Aufnahmen eine Atmosphäre, die sich zu hundert Prozent auf die Musik konzentriert. Es dominiert die völlige Versenkung in den Klang“, resümiert Muthspiel. Die Musik des Trios, mit Larry Grenadier (b) und Brian Blade (dr), ist eindeutig im Jazzmilieu verankert, wo eben spontanes Interagieren, Wagemut und improvisatorisches Flanieren den Entstehungsprozess zu neuen Ufern hintreiben lassen. „Der Fokus liegt bei diesem Trio unzweifelhaft auf dem improvisatorischen Interagieren“, präzisiert der Gitarrist. „Es bleibt ein harmonischer Kern evident, und im Weiteren improvisieren wir über diese neuentstandene Atmosphäre. Bis auf ein Stück, das frei improvisiert wurde, gibt es für jedes andere eine ausnotierte Vorgabe, die ausgelotet und über die in Folge extemporiert wird. Form ist für mich von entscheidender Bedeutung. Außerdem von expliziter Wichtigkeit war der Umstand, dass bei ECM-Produktionen im Studio ‚live’ gespielt wird. Man wähnt sich in einer Konzertsituation, wodurch jene für improvisierte Musik förderlichen Entwicklungsfortschreitungen in Gang gebracht werden, die auf andere Weise nicht entstehen könnten.“
Die Assoziation, die Musik ergieße sich wie klares Wasser über die Hörenden, liegt angesichts der erfrischenden Transparenz dieser Klangplastiken ziemlich nahe. Die dafür erforderliche stimmige Ereignishaftigkeit bedingt die richtige Chemie zwischen den Akteuren. Muthspiel: „Natürlich ist es enorm wichtig, dass jeder von uns immer wieder eine impulsgebende Initiative setzt. Das ermöglicht eben die Improvisation. Improvisation ist für mich eine Art Fahrt entlang eines Weges, an dessen Wegrand unentwegt mögliche Geschenke bereitliegen. Diese muss man umgehend aufgreifen, dann ergibt sich der Rest von alleine. Zudem noch in Begleitung zweier solcher Ausnahmemusiker wie Larry und Brian.“ Ein Abdriften – ins Abenteuer.
Hannes Schweiger, 13.09.2014, RONDO Ausgabe 4 / 2014
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