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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Gäste dringend gesucht: Die MET in lebensbedrohlichen Geldnöten (c) Metropolitan Opera New York

Pasticcio

Showdown abgewendet

„Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will“. Fast wäre dieser Klassiker unter den deutschen Gewerkschaftsslogans in New York zum Zuge gekommen und hätte damit eines der berühmtesten Opernhäuser der Welt lahm gelegt. Doch in allerletzter Minute und nach zähen Verhandlungen zwischen den Arbeitnehmervertretern und der Geschäftsführung der MET konnte nicht nur die drohende Verschiebung der Saisoneröffnung am 22. September mit Mozarts „Figaro“ abgewendet werden. Intendant Peter Gelb konnte seine Ankündigung zurückziehen, im Fall des Scheiterns der Verhandlungen die rund 1600 gewerkschaftlich organisierten Mitarbeiter auszusperren. Die ersten vereinbarten Schritte hin zur Konsolidierung des finanziell (und auch künstlerisch) angeschlagenen Operntankers sehen demnach so aus, dass alle Angestellten vom Bühnenarbeiter über den Pförtner bis hin zu den Musikern ab sofort auf 3,5 Prozent ihres Lohns verzichten (alle professionellen Chorsänger sollten das Nachfolgende bitte überlesen: ein MET-Kollege streicht mit allen Zulagen um die 200.000 Dollar im Jahr ein). Auch mit solchen Maßnahmen soll der Schuldenstand von aktuell 2,8 Millionen Dollar abgebaut werden.
Viele sehen darin nur einen Tropfen auf den berühmten heißen Stein. Denn mit dem Jahresbudget von rund 320 Millionen Dollar kommt man aktuell vorne und hinten nicht mehr hin, weil alles teurer wird. Zudem sind die Sponsoren nicht mehr so flüssig. Und vor allem sinken die Zuschauerzahlen kontinuierlich – weshalb Intendant Peter Gelb schon in der letzten Spielzeit den Durchschnittspreis eines MET-Tickets um 15 Dollar gesenkt hat, um neues Publikum anzulocken. Gleichzeitig gastieren die Jetsetter unter den Superstars wie Netrebko in eher traurigen Inszenierungen, die in der zehnten Vorstellung ohne die entsprechenden Spitzensänger keinen mehr begeistern. Peter Gelb, der immerhin pro Jahr zwei Millionen Dollar verdient, gibt sich weiterhin selbstbewusst und posaunt hinaus, dass kein anderes Opernhaus an die MET herankommt. Oper ist doch die schönste Traumwelt.

Guido Fischer



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