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Vor neun Jahren bekamen John Medeski, Billy Martin und Chris Wood einen Telefonanruf, der sie ziemlich überraschte. Am anderen Ende der Leitung befand sich niemand Geringerer als John Scofield, der fragte, ob man nicht mal gemeinsame Sache machen wolle. Medeski, Martin und Wood waren perplex und hielten die ganze Sache zunächst für einen Scherz – was auch daran lag, dass einer ihrer Freunde Spezialist im Nachahmen von Jazzstars ist („Dave Holland kann er besonders gut“, beteuert John Medeski).
Man muss dazu wissen, dass Medeski, Martin und Wood mit dem Jazzestablishment lange nicht allzu viel am Hut hatten. Mehrere Monate im Jahr war das junge Orgeltrio mit einem klapprigen Bus kreuz und quer in den Staaten unterwegs, um in jedem Kaffeehaus, jeder Kneipe und jedem Club, der über Stromanschluss verfügte, aufzutreten. Bei den Collegestu denten, die sich über das Treiben der drei im Internet auf dem Laufenden hielten, wurden sie zu veritab len Stars. Dass jetzt aber ein ehemaliger Mitstreiter von Miles Davis allen Ernstes an einer Zu sammenarbeit interessiert sein sollte – das konnten sie nicht glauben. Doch es stimmte. Und die 1998 unter Scofields Namen ver öffentlichte Platte „A Go Go“ schlug mächtig ein. Man darf sie ohne Untertreibung als die coolste Jazzaufnahme der 90er Jahre bezeichnen.
Jetzt haben sich der Gitarrist Scofield, der Organist Medeski, der Bassist Wood und der Schlagzeuger Martin erneut zusammengetan. In einem Brooklyner Kellerstudio entstand die CD „Out Louder“, die nahtlos an die Vorgängerproduktion anknüpft. Allerdings mit gewissen Änderungen. Bestand „A Go Go“ durchgehend aus Stücken, die Scofield im Geiste des Souljazz der 60er geschrieben hatte, sind auf „Out Louder“ diesmal alle Musiker zu gleichen Teilen beteiligt. Will heißen: Es wurde oft einfach drauflos gejammt. Das Ergebnis klingt wie eine Achterbahnfahrt durch die 70er mit verqueren Sounds, derben Grooves und jeder Menge Witz.
Scofield, Medeski, Martin und Wood schwören auf die vergangenen Schlaghosenzeiten. „Es war eine goldene Ära für gewisse Sounds“, sagt der Gitarrist, der damals an der Seite von Gerry Mulligan und Billy Cobham seine Karriere begann. Schlagzeuger Martin, damals noch ein Kind, nickt zustimmend. „Meine Drums stammen aus den 60ern. Ich mag die Art, wie sie klingen.“ Scofield freut sich. „Eure Generation ist auf den Trichter gekommen, dass die alten Instrumente wirklich besser waren.“
Das Quartett spielt auf „Out Louder“ unter anderem auch eine schräge Bossa-Coverversion von Peter Toshs Reggaeklassiker „Legalize It“. Dabei drängt sich die Frage auf, was denn bitteschön zu legalisieren sei – etwa der Humor im Jazz? John Scofield: „Ich kann sehr gut verstehen, weshalb der Jazz diese spaßfreie Attitüde hatte, die Miles Davis und andere so kultiviert haben. Es ging um die Bürgerrechte für die Schwarzen und um den Respekt für ihre Musik. Aber es ist auch so: Du kannst diese Musik nur machen, wenn es dir wirklich todernst damit ist. Sie klingt auf der anderen Seite aber nur dann wirklich gut, wenn du gleichzeitig vollkommen entspannt bist.“ „Out Louder“ ist der beste Beleg für diese These.
Universal/Emarcy
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