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Am Pult des New York Philharmonic (c) Nordic Artist Management
„Habemus Opapam“ – mit dieser Überschrift kommentierte Anfang 2010 eine überregionale Münchner Tageszeitung leicht spöttisch die Wahl Lorin Maazels zum neuen Chef der Münchner Philharmoniker. Immerhin würde der Maestro bei Amtantritt 2012 mit 82 Jahren ein mehr als nur stolzes Alter erreicht haben. Doch dass Maazel nicht aufs Altenteil, sondern unbedingt weiter ans Dirigentenpult gehörte, unterstrich er allein im Jahr der Vertragsunterzeichnung mit einem unvergesslichen Konzert. Im Rahmen der Feierlichkeiten der europäischen Kulturhauptstadt „Ruhr 2010“ leitete Maazel Mahlers Achte. In einem Duisburger Industriekomplex stand er da vor 1.200 Sängern und 180 Orchestermusikern, die aus den verschiedensten Chören und Orchestern NRWs stammten. Und als ob es für Maazel einfach ein Leichtes war, verlieh er diesem sinfonischen Monstrum bzw. dieser „sinfonischen Schwarte“ (Adorno) eine sensationelle Passform in chorischer Artikulation und orchestraler Transparenz. Auch bei solchen Herausforderungen zeigte der amerikanische Allrounder, dass mit ihm weiterhin jederzeit zu rechnen sein durfte und er daher eine exzellente Wahl für die Isar-Philharmoniker war. Und dass er als Methusalem ungewöhnliche Programmwege einschlagen konnte, bewies er direkt im Vorfeld seiner Münchner Ära. So kombinierte er mal eine Tschaikowski-Suite mit Alexander Skrjabins schillerndem „Poème de l´Extase“ oder das „Deutsche Requiem“ von Brahms mit Strawinskis „Psalmensymphonie“.
Auch mit über Achtzig war Maazel also so neugierig und kompetent wie in all den vielen Jahrzehnten zuvor, in denen der 1930 in Paris geborene Amerikaner sich nicht nur höchsten, sondern bisweilen gewagten Aufgaben stellte. So dirigierte der bereits als Knabe von Stokowski und Toscanini geförderte Star 1988 in London alle Neune von Beethoven – an einem Tag. Und während seiner Amtszeit als Chef der New Yorker Philharmoniker reiste Maazel 2008 ins kommunistische Feindesleite Nordkorea, um in Pjöngjang mit Dvořáks „Aus der Neuen Welt“ und Gershwins „Ein Amerikaner in Paris“ etwas fürs Tauwetter zu tun.
Natürlich gab es hier und da auch so manche Rückschläge. So hoffe Maazel vergeblich, die Nachfolge von Karajan bei den Berlinern antreten zu können. Und als Leiter der Wiener Staatsoper kam er nicht gegen die verfilzte Wiener Kulturpolitik an. Dennoch hat der Workaholic etwas geschafft, was noch nicht mal wesentlich jüngeren Kollegen gelingt: selbst in den Momenten, in denen leichte Routine aufblitzte, ließ Maazel dank seines unbedingten Qualitätsbewusstseins und seiner Leidenschaft für die Musik jeden Zweifler verstummen. Bis 2015 sollte seine Amtszeit bei den Münchner Philharmonikern gehen. Doch jetzt ist Lorin Maazel – nach insgesamt über 5.000 Konzerten und Opernaufführungen - am 13. Juli auf seiner Farm in Virginia gestorben.
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