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Am gefährlichsten sind Klavierabende. Aber ich habe schon Konzerte selbst von Sinfonieorchestern erleben müssen, in denen es sich Dirigent und Orchester nicht haben nehmen lassen, eine Zugabe zu geben. Aber das ist, das sei eingeräumt, selten, während man bei Soloabenden von Pianisten nur unter Aufbietung aller Unhöflichkeit und also mit sofortigem Verschwinden nach Aufkommen des ersten Beifalls den Zugaben entgeht. In der Regel wählt der Pianist oder die Pianistin eins der eben verklungenen Stücke, um dieses überflüssigerweise nochmal vorzutragen – wobei es mir immer scheint, als geschehe dies mit einem gewissen Vorwurf, dass nämlich die unmusikalische Meute da unten nicht richtig aufgepasst hat – vorher. In verschärften Fällen wird ein ganzer Sonatensatz gnadenlos nochmals gespielt, und ich durfte mit anhören, wie ein wirklich weltberühmter Pianist sich nicht entblödete, zwei Drittel des eben verklungenen Programms wiederholt darzubieten – nur schlechter. »Encores« dagegen heißen besonders gefährliche Stücke, von charakterlosen Komponisten verfasst, die in Konzertprogrammen an sich nicht vorkommen, die aber die Virtuosen in der Hinterhand haben und dann meuchlings als Zugabe über das leichtfertig noch länger geklatscht habende Publikum ausstreuen.
Ein verantwortungsvoller Interpret wird sein Programm, und das geschieht ja auch meist so, sinn- und kunstvoll zusammenstellen, nach Übereinstimmung der Stücke, nach reizvollem Gegensatz, wird Stücke karger chromatischer Schönheit mit solchen der weicheren Gemütsbewegung kombinieren und so weiter. Und danach – Herrschaftszeiten, muss das sein?! – die Zugaben. Es kommt mir immer vor wie bei einem ausgeklügelten Menü: Da stellt der »Hauben«-Koch eine Speisenfolge von ausgepichter Raffinesse zusammen – Amuse-Gueule, Vorspeise, Suppe köstlich, köstlich, ein Zwischengericht vom Fisch, ein Braten zart auf der Zunge zergehend, und Käse, Dessert und alter Cognac – und dann sagt er: »Und jetzt kriegen Sie als Zugabe noch eine Bockwurst mit Senf.«
Herbert Rosendorfer, RONDO Ausgabe 4 / 2008
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Eva Jagun stammt aus einer Kölner Musikerfamilie und lernte zunächst Geige, Flöte, Gitarre und Klavier. Ihre ersten Erfahrungen sammelte sie in diversen Chören und Bands, später studierte sie in Hamburg Musik, seit einigen Jahren lebt sie in Berlin. Dort arbeitet sie als Sängerin wie auch als Geigerin im Studio und auf der Bühne mit einer Vielzahl von Künstlern zusammen, unter anderen mit Nina Hagen oder Dieter Hallervorden. Wichtige Impulse erhielt sie vom kanadischen Jazzbassisten […] mehr