Divox Antiqua/Sony 76199137160
(64 Min., 9/2015)
Ein großes Vertrauen war es nicht gerade, das der große Cembalokomponist Johann Jacob Froberger in seine Interpreten legte: Eindringlich schärfte er seiner Gönnerin, Schülerin und Nachlassverwalterin Sybilla von Württemberg-Montbéliard ein, von seinen Werken „niemanden nichts zu geben…da viel nit wisten mit umbzugehen, sondern selbige nuhr verderben". Und auch zeitgenössische Kollegen Frobergers fanden, dass die ideale Klanggestalt seiner Stücke, die oft mit dem rätselhaften Spielhinweis „avec discretion“ versehen sind, nur „schwer aus den Notten zu finden“ sei. Mehr noch als bei vielen anderen Barockmeistern müssen sich Interpreten bei Froberger Freiheiten im Umgang mit dem Notentext erlauben und die Persönlichkeit des Komponisten gleichsam nacherschaffen.
Anne Marie Dragosits lässt die fantastische Seite Frobergers weniger durch gewagte Rubati als ihre Verzierungskunst und den Einsatz der höheren Register des 1658 erbauten Cembalos von Girolamo de Zentis durchscheinen. Ansonsten beleuchtet sie, ganz im Einklang mit dem eher hell und leicht klingenden Instrument, die „italienische“ Seite des kosmopolitischen Komponisten. Den Toccaten und dem Variationszyklus „auff die Mayerin“ mag sie damit gerecht werden, doch bei den für Froberger typischen groß angelegten Lamenti, wie dem auf Kaiser Ferdinand, bleibt sie sehr weit hinter Interpreten wie Andreas Staier, aber selbst der ebenfalls auf einem historischen Cembalo der Froberger-Zeit musizierenden Magdalena Hasibeder zurück: Weder besitzt ihr Spiel die Ruhe und den inneren Zusammenhang dieser beiden Interpreten, noch gewinnen bei ihr bildhafte Figuren wie Seufzer, Tränen und selbst die Himmelsleiter, auf welcher der verstorbene Kaiser ins Jenseits wandelt, die gleiche Anschaulichkeit. Der Ausnahmeinterpret Froberger kommt so bei allem Geschmack des Vortrags nicht wirklich zum Vorschein.
Carsten Niemann, 15.04.2017
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