Als Beitrag zur Reihe „European Jazz Legends“ kehrte der Kontrabassist Miroslav Vitous zu seinen Wurzeln zurück. Die liegen beim Album „Infinite Search“, das 1970 die Post-Free-Szene von Taktstrukturen befreite und sie um Improvisationen bereicherte, die melodienreich in langen Bögen schwangen und von einer inneren Harmonie geprägt waren. Diese unendliche Suche hat Vitous immer noch nicht abgeschlossen – sei es auf dem im Juni erschienenen Album „Music Of Weather Report“, sei es bei dem Konzert vom 25. Juni 2016 im Theater von Gütersloh. Damals wie heute loten er und seine Partnerband das Spannungsfeld zwischen Komposition und freier Improvisation aus, und wie schon 1970 versteht er seinen Kontrabass nicht als Begleitinstrument, das für das Markieren der Zählzeiten eines Taktes mit dumpfem Bumm Bumm verantwortlich wäre. Vitous‘ Bass kann zwar auch im Untergrund blubbern, doch diese Rolle nimmt er allenfalls kurz in einer verbindenden Passage ein. Ansonsten gestaltet er seine Linien und Klangtupfer so eigenständig wie der Keyboarder Aydin Esen sowie die beiden Saxofonisten Gary Campbell und Roberto Bonisolo und der Schlagzeuger Roberto Gatto. Über weite Passagen nutzt Vitous ein kleines elektronisches Equipment, das ihm, insbesondere wenn er zum Bogen greift, ein einzigartiges Klangbild verleiht. In den sechs Stücken reiht das Quintett Klangtupfer an Klangtupfer, verdichtet sie zu einem intensiven Strom, bevor es wieder in beschauliche Landschaften zurück findet. Ein Glück, dass Vitous die Suche nach immer neuen Varianten seines musikalischen Konzepts noch nicht eingestellt hat.

Werner Stiefele, 19.11.2016

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