Adam Bałdych, der 29-jährige Wundergeiger aus Polen, beschwört auf seinem neuen Album eine quasi altersweise Lebenserfahrung: „Bei all dem Lärm, der uns umgibt, habe ich Stille als heilende Kraft erlebt, und beim vorsichtigen Tasten entlang der Bruchkante des Klangs erschlossen sich mir neue schöpferische Möglichkeiten. Es gibt Dinge, wie man sagt, von denen man nur flüsternd sprechen kann.“ Tasten und Flüstern auf der Geige führt gerade im Jazz-Kontext, bei einem ohne die warme Raumakustik direkt abgenommenen Instrument also, oft zu dünnstrichigen, quälend obertonreichen Flageoletts, und auch der Virtuose Bałdych entgeht hier dieser Gefahr nicht ganz, obschon sein Ansatz auf „Bridges“ ein ausgesprochen lyrisch melodischer ist. Dabei ist ihm der norwegische Pianist Helge Lien mit seinem Trio ein idealer Partner. Lien bewegt sich mit Frode Berg und Per Oddvar Johansen an Bass und Schlagzeug auf den in den skandinavischen Norden weisenden Spuren des auch postum immer noch so wirkmächtigen Esbjörn Svensson. Fjord-Melancholik und süffiges ostpolnisches Melos verbinden sich nahezu symbiotisch in nahtloser Verzahnung von Improvisation und Arrangement, und ab und an blitzt auch jugendlicher Übermut in vertrackt rockenden Grooves auf. Wenn dabei der Geiger bei langen Tönen seiner Vorliebe für ziehend anschwellende Dynamik frönt, wird sich manch Jazz-Geigenskeptiker – durch Bałdychs Flüstertechniken bereits sensibilisiert – in seiner Zurückhaltung bestätigt fühlen. Ist ein Schelm, wer Böses dabei denkt?
Thomas Fitterling, 31.10.2015
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