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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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In My View

Michael Gibbs

Cuneiform/Broken Silence 17335
(57 Min., 2013 - 2015)

Der knapp 78-jährige Michael Gibbs gilt Insidern als eine Ikone der modernen Arrangierkunst aus dem Geiste eines Gil Evans und der Klassik des 20. Jahrhunderts. Seine Ausbildung erhielt der im heutigen Simbabwe geborene einstige Posaunist und Pianist in Boston am Berklee College und am Boston Conservatory of Music. In den 60er Jahren zog er nach London, wo er als Komponist für Film und Fernsehen große Erfolge feierte – auch weil er offen für die neue Rhythmik des Rock war. In den 70ern ging er zurück in die USA und heute pendelt er zwischen alter und neuer Welt. Immer wieder hat er intensiv mit der NDR Big Band zusammengearbeitet, diesem Leuchtturm der deutschen Rundfunk-Big-Band Szene. Dennoch ist die Liste von Gibbs-Einspielungen recht übersichtlich. Er ist, wie es seine Plattenfirma formuliert, kriminell unterbewertet; und so hält sie jetzt mit der gleichzeitigen Veröffentlichung zweier Alben mit der NDR Big Band dagegen.
Beide könnte man sich gut als ein Doppelalbum vorstellen; die kritische Schlagzeugposition ist dabei mit den Amerikanern Jeff Ballard bzw. Adam Nussbaum oder Gene Calderazzo besetzt. „In My View“ versteht Gibbs als Porträt seines Lieblingsklangkörpers, dessen Mitglieder er genau kennt und denen er so seine Musik auf den Leib schneidern kann. Auf der Schwester-CD, „Play A Bill Frisell Set List“ (17336) steht der Gitarrist Bill Frisell – fast kammermusikalisch ganz ohne große Effektgerätschaft – als Gast im Mittelpunkt. Auf beiden Produktionen ist das Rundfunkorchester mit liebevoller Feinsinnigkeit dargestellt. Es gibt die von Gil Evans beeinflussten flächigen Schwebeklänge, die bei Gibbs durchaus auch mit kraftvollem Blech aufwarten. Mitreißend ist immer wieder Gibbs tiefsinniger Humor, etwa bei Monks Misterioso auf beiden Alben oder Ornette Colemans Ramblin‘ auf „In My View“. Immer sind die Solisten der Band durchwegs geschickt mit den warmen Orchesterfarben verwoben, und Saxofonist Christof Lauer beeindruckt nachhaltig mit persönlichem Post-Coltrane-Sound.

Thomas Fitterling, 15.08.2015


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