home

N° 1354
20. - 29.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



Responsive image mb-5
Ernö Dohnányi, Ludwig van Beethoven, Franz Schubert

Piano Recital

Ernö Dohnányi

Testament/Note 1 SBT2 1505
(106 Min., 1936, 1956 & 1959)

Ernst von Dohnányi, Großvater des gleichnamigen Dirigenten und des früheren Hamburger Bürgermeisters, war ein Vertreter jener legendären, auf Franz Liszt zurückverweisenden Riege von Virtuosen-Komponisten: Gleichermaßen gewandt auf der Tastatur und als Komponist, konnte er sein Publikum mit eigenen, technisch höchst anspruchsvollen Werken in den Bann ziehen. Dohnányi griff in seinen eigenen Werken, die etwa drei Viertel dieses Rezitals ausmachen, gern auf Melodien seiner ungarischen Heimat zurück, ohne allerdings ein so eifriger Volkstum-Forscher gewesen zu sein wie sein Zeitgenosse Béla Bartók. Auch blieb er im Gegensatz zu jenem ganz und gar einem spätromantischen Idiom verpflichtet: Er war als Pianist ein Liszt-Enkelschüler, als Komponist Brahmsisch beeinflusst.
Nun ist die Frage der persönlichen Tonsprache heute im Rückblick glücklicherweise nicht mehr ein vordringliches Qualitätsmerkmal: Kein Adorno wacht mehr darüber, ob sich ein Komponist spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg auch brav den Neutönern angeschlossen hat. Diese Weitherzigkeit ist befreiend und öffnet den Blick auch auf jene Künstler, für die das große 19. Jahrhundert nie ganz zu Ende gegangen ist. Zu diesen gehörte zweifellos auch Dohnányi; mit großer virtuoser Geste geht er nicht nur seine eigenen Werke, sondern auch die hier ebenfalls präsentierten Sonaten von Beethoven und Schubert an. Er gönnt sich hier und da beträchtliche rhythmische Freiheiten zugunsten einer Verve, die auch heute noch ihre Wirkung nicht ganz verfehlt. Was uns hingegen heute vielleicht noch deutlicher ins Ohr sticht als dazumal, sind die zahllosen kleinen technischen Missgeschicke: Dohnányi war – nicht nur als älterer Herr! – auch ein begnadeter Hudler vor dem Herrn, muss man ehrlicherweise anmerken; besonders bei einer Live-Sendung des BBC von 1936 ist das deutlich hörbar, aber auch in den schwierigen Parallelläufen im Kopfsatz von Beethovens Sonate op. 31,1. Dennoch: Wer sich für Spätest-Romantik und Klaviervirtuosentum nicht nur am Rande, sondern auch im Detail interessiert, sollte zu dieser reizvollen CD greifen.

Michael Wersin, 16.05.2015


Diese CD können Sie kaufen bei:

Als JPC- und Amazon-Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen



Kommentare

Kommentar posten

Für diese Rezension gibt es noch keine Kommentare.


Abo

Top