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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



„Der Dichter hat stets eine lebendige Sympathie für die Welt des Orients gehabt. Es schien ihm, dass er dort von Ferne eine hohe Poesie leuchten sah. Seit langem hat er schon begehrt, an dieser Quelle seinen Durst zu stillen.“ 1828 stellte Victor Hugo diese Zeilen seiner Gedichtsammlung „Les orientales“ voran. Mit der hier mitschwingenden Faszination am Märchenhaften und Mysteriösen, am schönen Fremdartigen und exotischen Reichtum war Hugo im 19. Jahrhundert aber nur einer von zahllosen Künstlern, die sich vom Orient magisch angezogen fühlten. Zu den Abenteuerlustigen gehörte auch der französische Komponist Félicien David, der sich 1833 mit elf Freunden in Marseille traf, um eine abenteuerliche Expedition anzutreten. Vom südfranzösischen Hafen brach man nach Konstantinopel, Smyrna und Rhodos auf. Und von der griechischen Insel ging es weiter nach Alexandria, Kairo und Beirut.
Überall hin schleppte David ein Klavier mit, um die alten Lieder, Weisen und Tänze direkt ins westliche, wohltemperierte Notensystem zu übertragen. Die bedeutendste Frucht seiner Orient-Reise sollte sodann 1844 in Paris uraufgeführt und sofort auch von Berlioz bejubelt werden. Es ist Davids sinfonische Ode „Le désert“ („Die Wüste“), geschrieben für Sprecher, Kontratenor, Tenor, Chor und Orchester. Und dank des Librettisten Auguste Colin durchstreift man in weniger als einer Stunde die Wüste, bestaunt den Nachthimmel, duckt sich bei heftigen Stürmen und beäugt vorbeiziehende Karawanen. Musikalisch kommt dieses farben- und stimmungsreiche Stück nicht zuletzt dank seiner eindeutigen Opernschlagseite vorrangig westlich daher. Zudem konnte sich Félicien David als ein romantischer Melodiker ausweisen, dessen Arien auch mit so manch zauberhaftem Schmelz eine Brücke zwischen der deutschen und französischen Oper, zwischen Weber und Meyerbeer geschlagen hat. So ganz ohne exotisches Klangflair ist David aber natürlich nicht ausgekommen. Da schlängeln sich die Oboen wie aus 1001 Nacht-Märchen. Und der elegische „Gesang des Muezzin“ ist umwerfend betörend! Auch diese solistischen Highlights werden abwechselnd von den beiden Tenören mit entsprechender Intensität und Delikatesse umgesetzt. Und überhaupt lassen der Accentus-Chor und das Orchestre de Chambre de Paris unter Leitung von Chefin Laurence Equilbey keinerlei Wünsche offen. Als besonderes I-Tüpfelchen kann man sich außerdem auf den beiden CDs „Le désert” wahlweise in der Originalfassung mit Sprecher oder eben ohne ihn zu Gemüte führen. Beides lohnt.

Guido Fischer, 25.04.2015


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