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N° 1354
20. - 30.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Learning How To Listen

Esther Kaiser

GLM/Soulfood 4014063419125
(63 Min., 9/2012 & 6/2013)

Auf den ersten Blick haben sie eigentlich nicht allzu viel gemein: auf der einen Seite die 2010 verstorbene Sängerin Abbey Lincoln mit ihrer tiefen, emotionsgeladenen Stimme, die wie kaum eine andere die afroamerikanische Leidensgeschichte zu artikulieren vermochte. Auf der anderen Seite die 1975 geborene Esther Kaiser, die mit ihrem durch und durch weißen, bestens ausgebildeten Gesang auf ihren bisherigen Veröffentlichungen zwischen Jazz, Pop und Country wandelte.
Der Hörer wird dann auch prompt mit den ersten Tönen auf Kaisers neuer CD in die Falle gelockt: Eine akustische Gitarre klimpert freundlich, dazu singt die Wahl-Berlinerin ein wenig im Norah-Jones-Stil und geht irgendwann zu diesen nonverbalen Koloraturlauten über, die an Jazzhochschulen gerne gelehrt werden. Wer hier allerdings nur auf die Musik und seine Vorurteile achtet, macht einen Fehler. „Learning How To Listen“ heißen das Eröffnungsstück und das Album nicht von ungefähr: Zuhören muss man. Und das gilt vor allem für die Texte.
Das Bindeglied zwischen Lincoln und Kaiser liegt zweifellos in der gemeinsamen Liebe für Worte, für Geschichten, für Lyrik. Deswegen ist der Untertitel des Albums – „The Music Of Abbey Lincoln – auch nicht ganz akkurat. Kaiser stellt die dichterischen Qualitäten ihres Vorbildes ins Zentrum ihrer Bearbeitungen der von Abbey Lincoln geschriebenen oder betexteten Songs. „The Words Of Abbey Lincoln“ träfe die Sache besser.
Vor diesem Hintergrund ergibt es auch einen tieferen Sinn, dass das um Marimba und Akkordeon erweiterte Jazz-Quartett von Kaiser stilistisch immer wieder in die unterschiedlichsten Regionen geschickt wird, mal zur Musette („Love Has Gone Away“), mal zum Tango („The Music Is The Magic“), mal zum Chanson („Being Me“), mal in die Americana-Richtung à la Bill Frisell („Learning How To Listen“): Dieser fein gespielte und blitzsauber gesungene Hintergrund lässt die Pracht der Texte noch viel deutlicher hervortreten.
Geschickt führen die übers Album verteilten Happen von Lincolns Lyrics über Thelonious Monks „Blue Monk“ zu der Kern-Aussage der CD: Sei du selbst. Also genau das, was Abbey Lincoln immer predigte.

Josef Engels, 24.01.2015


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