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N° 1353
13. - 23.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Adriana Hölszky

Wie ein gläsernes Meer, mit Feuer gemischt (Werke mit Orgel)

Dominik Susteck, Sabine Akiko Ahrendt, Jens Brülls

Wergo/New Arts International WER67892
(44 Min., 4/2013)

Wüssten wir’s nicht besser, eine Musik wie diese würden wir Adriana Hölszky nie und nimmer zutrauen. Die 1953 in Rumänien geborene, 1976 nach Deutschland ausgewanderte Komponistin ist ein Ausbund an Herzensgüte – so bescheiden und freundlich, dass man in der persönlichen Begegnung fast peinlich berührt ist. Und dann solche Töne. Wie Faustschläge drücken sie sich tief in den Magen, schütteln den Hörer hin und her, wollen körperlich erlebt werden, nicht mit dem Verstand nur begriffen.
Von Beginn an verfolgt Adriana Hölszky der Ruf, mit der Axt zu komponieren. Ihrem Durchbruch, der Oper „Bremer Freiheit“, bescheinigte der berühmte Kollege Hans Werner Henze eine Gewalt, die direkt „an die Nieren“ gehe – daran hat sich bis heute nichts geändert. Auch die drei Werke für und mit Orgel, die der Kölner Kantor Dominik Susteck jetzt eingespielt hat, sind nichts für schwache Gemüter. Noch dort, wo sich Hölszkys Musik für einen Moment einmal aufheitert, schwelt im Hintergrund schon neues Unheil. Aus dem schockartigen Umschlag der Zustände, der plötzlichen Eruption aus ruhendem Grunde, gewinnt Hölszky eine Dramatik wie in den Untergangsszenarien Shakespeares, im Finale von Macbeth etwa, oder in der biblischen Apokalypse. Selbst ein harmloser Werktitel wie „Efeu und Lichtfeld“ verbirgt bei Hölszky eine gewittrige Spannung, die sich immer wieder blitzartig entlädt. Vor den dunklen Klangnebeln der Orgel schwirrt eine hysterische Geige durch die Luft, als hätte sie die Tarantel gestochen.
Vier Manuale, sagenhafte 112 Register, regulierbarer Luftdruck, umfangreiches Schlagwerk, ein wunderbarer Reichtum an Obertönen – die eigens für zeitgenössische Musik gebaute Orgel in St. Peter in Köln ist eine große Wunderkammer, und Dominik Susteck hat deren Tore weit geöffnet. Was andere Musik in dieser Massivität beschädigen würde, ist bei Hölszky geradezu gefordert. Wer sich dem aussetzt, wird von einer irrsinnigen Flut an Farben weggespült – halte sich fest, wer kann.

Raoul Mörchen, 10.01.2015


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