Glossa/Note 1 GCD P31907
(80 Min., 7/2011 & 7/2013)
Von Guillaume Dufays musikgeschichtlich ungeheuer wichtiger und ästhetisch sehr reizvoller Messe „Se la face ay pale“ gibt es nur wenige Aufnahmen. Diese Neueinspielung erregte daher sofort das Interesse des Rezensenten. Neu an Giuseppe Malettos Lesart ist die gemischte vokal-instrumentale Besetzung des Stücks: Posaunen, Fideln und eine Orgel treten immer wieder den Gesangsstimmen gegenüber. Ob eine solche Besetzung historisch nachweisbar ist, sei dahingestellt; auf jeden Fall bereichert sie das Klangbild ungemein und macht das Werk auch für den mit solcher Musik wenig erfahrenen Hörer sicher attraktiver.
Der Tenor der vierstimmigen Messe ist die Chanson-Melodie „Se la face ay pale“, die ebenfalls Dufay komponiert hat. Spannend ist es, zu verfolgen, wie diese umtriebige Melodie hier zur Achse der würdevollen Messsätze wird. Allerdings beraubt Dufay den weltlichen Cantus firmus im neuen Umfeld keineswegs vollkommen seiner Identität: Er setzt ihn in den langen Sätzen mit „immanenter Beschleunigung“ zunächst in dreifachen, dann in zweifachen und schließlich in einfachen (dem Auftreten in der Chanson entsprechenden) Notenwerten ein. Das hat auch Folgen für die anderen Stimmen: Das Satzgefüge wird bei jedem Durchgang des Cantus lebendiger und nähert sich damit mehr und mehr dem Duktus des Vorlage-Stücks. Auch hinterlassen die fröhlichen Dreiklangsbrechungen vom Schluss der Chanson ihre Spuren in der Messe – die übrigen Stimmen imitieren diese Motivik.
Von all dem ist in Malettos gediegener Einspielung leider nicht sehr viel zu hören – ganz abgesehen davon, dass Maletto auf die Präsentation der Chanson „Se la face ay pale“ ganz verzichtet, die für den Hörer doch sehr instruktiv gewesen wäre. Kurzum: Die ausgelassene Seite, die die Messe mit ihrem „Ursprung“ verbindet, vermissen wir in dieser Einspielung; sie begegnet einem nur in der (leider vergriffenen) Aufnahme des Ensembles „Chiaroscuro“ unter Nigel Rogers. Ihre gemessene Ernsthaftigkeit und Ruhe rückt die vorliegende Version eher in die Nähe derjenigen von „Diabolus in Musica“, wobei letztere im Vergleich zu Malettos Neueinspielung allerdings deutlich monochromer daherkommt. Unterm Strich also ein mehr als achtbarer Erfolg mit bemerkenswerten (klanglichen!) Qualitäten, aber kein ganz großer Wurf.
Michael Wersin, 06.12.2014
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