Für den 28-jährigen Adam Bałdych, den polnischen Shootingstar an der Geige, war die Begegnung mit dem 33-jährigen Pianisten Yaron Herman im Frühjahr 2013 wie „ein tiefer Atemzug“, beim dem er „völlig neue Inspirationen eingesogen hätte“. Folgerichtig hat Siggi Loch mit dem traditionsbewussten Polen und dem Neoromantiker aus Tel Aviv ein Duo-Album produziert. Bałdych hat zwar an der Berklee School, der legendären amerikanischen Jazz-Schmiede in Boston, studiert, doch hat er immer seine klassischen europäischen Wurzeln, seine Verbundenheit mit der polnischen Folklore und dem schon früh eigenständigen polnischen Jazz betont. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt Herman, klassisch ausgebildet in Tel Aviv, weitergebildet ebenfalls an der Berklee School, lebt er heute in Frankreich und pflegt seine Liebe zu Melos und satter Harmonik, erinnert quasi an einen um des Formwillens der Schwelgerei entsagenden Keith Jarrett. Die neun offiziellen Titel des Albums stammen bis auf vier von Bałdych. Alle sind sie von großer elegischer Breite. Die Fremdkompositionen huldigen mit Krzysztof Komeda und Zbigniev Seifert der nationalen Tradition; Thomas Tallis und Hildegard von Bingen dagegen stehen für eine spezifisch europäische Weise des elegischen Singens. Adam Bałdych spielt seine Geige mit fast schwebend ätherischem Strich, und Herman erweist sich als subtil sensueller Meister der Anschlagskultur. Ein zehnter – quasi hidden – Track ist eine Flageolett-Studie für Sologeige. Spätestens da kommen träumerische Gedanken an den kraftvoll satten Strich eines Gregor Hübner auf. Der ist übrigens bei ACT auch zu haben.
Thomas Fitterling, 09.08.2014
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