harmonia mundi HMC 902179
(66 Min., 6/2013)
Franҫis Poulenc, dieser janusköpfige, ur-französische Komponist, darf als der ideale Vertoner der surrealistischen Lyrik eines Apollinaire oder Éluard gelten: Mit einer Tonsprache, die sich ihre harmonischen Anregungen teilweise aus der Jazzmusik holt und mal collagenartig, mal geckenhaft-kapriziös, mal grotesk und mal bitterernst ausfällt, gehörte er schon bald nicht mehr zur Avantgarde des 20. Jahrhunderts und ist dabei so gnadenlos individuell, so erfrischend unverstaubt wie kaum einer seiner Zeitgenossen.
Seine Klavierlieder benötigen Interpreten, die sich auf die verrückte Welt ihrer Texte einzulassen vermögen und gleichzeitig quasi blind seinen gewagten melodischen Kurven zu folgen in der Lage sind. Er selbst bevorzugte Denise Duval und Pierre Bernac, die heute längst verstummt sind. Mit der belgischen Sopranistin Sophie Karthäuser, bisher vor allem als Alte-Musik-Größe bekannt, erreicht die Poulenc-Interpretation einen neuen Meilenstein. Dass Sophie Karthäuser sehr schön singen kann, wussten wir bereits. Dass sie aber Bruststimm-Orgien zu feiern in der Lage ist, dass sie nach Herzenslust zu säuseln, zu skandieren, zu schmieren und zu fisteln bereit ist, hatten wir noch nicht erfahren. Als Belgierin wohl beinahe Native-Speakerin, findet sie problemlos Zugang zu diesen textlich-musikalischen Kabinettstückchen. Kongenial begleitet von Eugene Asti schleift sie jede dieser teils sehr knappen Nummern zum funkelnden Juwel; ihr Ausdrucksspektrum ist unglaublich breit, ihr interpretatorischer Einfallsreichtum begeistert vom Anfang bis zum Ende. Eine Meisterleistung.
Michael Wersin, 19.04.2014
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