ECM/Universal 4763942
(95 Min., 4/2002, 4 & 5/2010) 2 CDs
Die späten Streichquartette von Beethoven sind eigentlich die reinste Überforderung. So visionär gattungssprengend sind sie geraten. Und auch von ihrem weltentrückten Ausdruck her eignen sie sich kaum für einen entspannten Kammermusikgenuss. Doch im Grunde sind das alles nur haltlose Klischees. Zu dieser Schlussfolgerung kommt man jetzt nach der Aufnahme von Beethovens Streichquartett F-Dur op. 135, das das Zehetmair Quartett an den Anfang einer überaus abenteuerlichen Repertoire-Reise gesetzt hat. Beethovens letztes Streichquartett ist nun kein verklausuliertes Buch mit sieben Siegeln mehr, sondern offenbart in schon fast konzertant spielerischer Manier seine verschachtelt angelegten Strukturen und vermeintlich enigmatischen Valeurs. Als ungeheuer modern erweist sich der Zugriff. Dennoch verfällt man nicht in einen rein nüchternen, sachlichen Ton, sondern zeigt gerade in den letzten beiden Sätzen, welche sängerischen Ausdrucksqualitäten makelloses Quartettspiel besitzen kann.
So beeindruckend dieses Beethoven-Statement geglückt ist, so unterstreicht das Team um Violinist und Namensgeber Thomas Zehetmair seine spieltechnische und intellektuelle Klasse gleichermaßen in den drei nachfolgenden Werken. Das erst in den 1950er Jahren uraufgeführte c-Moll-Streichquartett von Anton Bruckner ist mit seiner zwischen Wiener Klassik und berührendem Schubert-Ton changierenden Ausrichtung keine retrospektive Durchschnittsware, sondern eine waschechte Wiederentdeckung. In dem 2. Streichquartett von Karl Amadeus Hartmann packt man alles Beklemmende und Attackierende furios am Kragen. Und in dem 2008 vom Zehetmair Quartett uraufgeführten 2. Streichquartett des Schweizers Heinz Holliger behält man selbst im mikroskopisch Tumulthaften fulminant die Nerven und die Übersicht.
Guido Fischer, 29.03.2014
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