Der 58-jährige niederländische Cellist Ernst Reijseger ist wie seine zeitweiligen Partner Han Bennink oder Misha Mengelberg ein Klassiker der genreoffenen holländischen Jazz-Avantgarde. Er gilt als grenzsuchender Aktionist, der virtuos Alternativtechniken auslotet und dabei vor ätzenden Klängen nicht zurückschreckt. Aber es gibt auch den Ernst Reijseger, den eine enge musikalische Freundschaft mit dem Senegalesen Mola Sylla verbindet, einem Musiker, der aus der Euroavantgarde-fernen Griot-Tradition heraus singt und afrikanische Lauten- und Perkussionsinstrumente spielt.
Mit Sylla und dem 36-jährigen Pianisten Harmen Fraanje ging Reijseger im vorigen Jahr ins Studio und hat im strengen live-to-analog-two-track Verfahren ein Album der anderen Art eingespielt. Im Zentrum steht Mola Sylla mit seinen expressiven Liedern; das Cello – mit Pizzicato-Linien oder Arco-Kantilenen ‒ und das harmonieorientierte Klavier konturieren sie mit beschwörenden Ostinati. Das hat durchaus die Anmutung der statisch spirituellen Harmonik eines Abdullah Ibrahim – schließlich gibt es über dessen burische Einflüsse einen Traditionsstrang in Reijsegers Niederlande. Auf Down Deep allerdings ist die Musik weniger schwelgerisch; Griot-Tradition und Négritude verbinden sich zu einer Weisheit, die um Aufklärung weiß; instrumentale Soli folgen dem Gesetz der reflektiven Reduktion. Schade nur, dass die auf Wolof gesungenen Texte nicht durch eine Übersetzung im Booklet zugänglich gemacht werden. Limitiert gibt es das Album auch in einer 180er Vinyl-Ausgabe.

Thomas Fitterling, 08.06.2013

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