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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Charles Ives, Aaron Copland

A Concord Symphony, Organ Symphony

Paul Jacobs, San Francisco Symphony Orchestra, Michael Tilson Thomas

Avie/Musikwelt AV 0038-2
(78 Min., 2 & 9/2010)

Eine repressionsfreie Gesellschaft, Pluralität ohne Konventionsschranken, eine freiheitliche, selbstverantwortliche, naturzugewandte Lebensführung: Der 'transzendentalistischen' Utopie vom gelobten Land à la Emerson, Hawthorne, der Alcott-Familie oder Thoreau hing auch Charles Ives an. Die vier Sätze seiner 1911 begonnenen, mehrfach umgearbeiteten "Concord"-Klaviersonate sind den vier Schriftstellern und Freidenkern gewidmet, die sich Mitte des 19. Jahrhunderts im Städtchen Concord in Massachusetts zu einem Zirkel zusammenschlossen. Wie auch immer man zu dieser 'Philosophie in Tönen' steht: Ives' Riesenopus ist starker Tobak, vor allem für traditionelle (europäische), an Formen und Stilen orientierte Ohren. Denn sie dürften kaum Halt und Orientierung finden in den hier erstmals verwendeten Tonclustern (mittels Holzbrett auf den Tasten) sowie den polytonalen und polyrhythmischen bzw. ganz ohne Taktstriche auskommenden Passagen (Techniken, die Ives seinem Musiker-Vater 'abgeschaut' hatte, der in seinem Heimatdorf mehrere Blaskapellen gleichzeitig mit je eigenem Repertoire in verschiedene Richtungen marschieren ließ). Da verwundert nicht, dass auch die Instrumentalfassung des Fünfzigminüters, die der vor drei Jahren verstorbene kanadische Komponist Henry Brant in jahrzehntelanger Arbeit bewerkstelligte, nichts für sanfte Gemüter ist. Auch wenn man sich naturgemäß – mit der reichen Klangfarbenpalette und mancher Streicher- bzw. Bläserkantilene – leichter im verschachtelten Stimmkonglomerat zurecht finden kann – einerseits; andererseits setzt Brant den Ives'schen Dissonanz-Kaskaden mit schneidenden Blechbläserattacken noch einige Dezibelstärken hinzu. So dass man nach den aufreibenden Emerson- und Hawthorne-Sätzen die populäreren Alcott- und Thoreau-Kapitel durchaus genießen kann. Durchweg genießen kann man auf jeden Fall die Symphoniker aus San Francisco, die unter ihrem langjährigen Chef "MTT" ganz im idiomatischen Saft agieren: makellos präzise, wunderbar flexibel und herrlich klangsatt. Da wird auch Aaron Coplands von seiner Pariser Lehrerin Nadia Boulanger inspirierte, 1925 in New York uraufgeführte "Organ Symphony" (in der die Orgel, wenn auch hervorgehoben, durchaus Orchestermitglied ist) zur Entdeckung. Allerdings zu einer im Vergleich mit den folkloristischen Copland-Hits ("Rodeo" oder "Appalachian Spring") spröderen.

Christoph Braun, 30.04.2011


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