Soli Deo Gloria/harmonia mundi SDG 712
(115 Min., 3/2003) 2 CDs
Neue Fassungen sind nicht immer besser – das wusste schon Johann Sebastian Bach, der viele Änderungen, die er 1725 an seiner ein Jahr zuvor uraufgeführten "Johannes-Passion" vorgenommen hatte, später zurücknahm. Lohnt es sich also, dass John Eliot Gardiner das Werk nach seiner 1985 entstandenen Einspielung nun noch einmal vorstellt – und das auch noch in einer Live-Einspielung? Es lohnt sich sehr wohl! Denn auch wenn sich Gardiners Auffassung des Werks nicht grundsätzlich geändert hat, so ist sie doch reifer geworden: Hatte er 1985 im Eifer für die historische Aufführungspraxis noch manche Phrase rhetorisch überartikuliert, so sind solche Marotten nun beseitigt. Die neue Aufnahme wird von einem großen Atem getragen, ohne dass die Ausdeutung einzelner Worte je an Kraft verlöre. Die in jedem Moment spürbare erzählerische Grundspannung erlaubt es Gardiner auch, die Tempi bisweilen zu verlangsamen, ohne dass es zu einem Bruch zwischen dem dramatischen Bericht des Evangelisten und den kontemplativen Arien und Chören käme. Von Hanno Müller-Brachmann als provozierend gelassenem Jesus bis hin zu den strahlenden Solosopranistinnen des Monteverdi Choirs sind sämtliche Solisten hervorragend ausgewählt – und wie es Mark Padmore als Evangelist gelingt, bildhaft, plastisch, dramatisch, klangschön, emotional involviert aber nie gefühlig zu sein, das ist eine Meisterleistung. Ein Lob haben auch die Tontechniker verdient: Die mystische Weite des für seine magische Ausstrahlung berühmten und für seinen Nachhall gefürchteten Kaiserdoms zu Königslutter wird eingefangen, während zumindest Solisten und das Orchester so nah und präsent aufgenommen sind, dass die Durchsichtigkeit und Textverständlichkeit vollständig gewahrt bleiben.
Carsten Niemann, 23.04.2011
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