Glossa/Note 1 GCD 921509
(72 Min., 10/2008) 1 CD
Im zarten Alter von 14 Jahren kam Jean-Baptiste Lully nach Paris. Und nur neun Jahre später führte er den von Louis XIV. verliehenen Titel "Compositeur de la musique instrumentale" – nachdem Lully den kommenden Herrscher in die hohe Kunst des Tanzes eingeführt und mit entsprechenden Ballettmusiken versorgt hatte. Und überhaupt blieb das Ballett noch bis Mitte der 1670er Jahre Lullys Domäne – bevor er mit der Tragédie en musique operngattungsgeschichtlich Neuland betreten sollte. Das "Ballet de cour" zu Zeiten Lully war aber keine reine Tanzveranstaltung. Vielmehr wurde es als Gesamtkunstwerk aus Choreografie, Dichtung und Gesang verstanden. Das jetzt vom Alte-Musik-Ensemble La Risonanza zusammengestellte Programm mit Vokal- und Instrumentalstücken gibt aber mehr als nur einen repräsentativen Querschnitt durch Lullys Ballettschaffen, bei dem der Bogen von der (scherzhaften) Unterhaltung bis zur dramatischen Profilierung mythologischer Gestalten geschlagen wurde.
Besonders im Mittelpunkt der Aufnahme steht Lullys kompositorische Auseinandersetzung mit einer Sprache, von der er ein letztes Mal 1671 in seinem Tragédie-ballet "Psyché" Gebrauch machte: Es war seine Muttersprache, das Italienische. Sicherlich waren es auch heimatliche Gefühle, die ihn von 1653 an italienische Rezitative und Arien komponieren ließen. Wohl noch wichtiger war der Kontakt mit italienischen Sängern, Commedia-dell'Arte-Truppen und nicht zuletzt die Pariser Aufführung von Cavallis Oper "Xerxes", die großen Einfluss nahmen. Und obwohl Lully nie intensiv die italienische Musik studiert hatte, sind es doch gerade die hier eingespielten Klagegesänge wie die der "Armida" (aus: "Ballet des Amours déguisés"), in denen er den italienischen Lamento-Stil aufgriff und mit einnehmender Fantasie verarbeitete. Und auch in solchen französischsprachigen Arien wie "Ah, quelle cruauté" (aus: "Ballet de Flore") vereinigt sich die Italianitá mit der französischen Air de Cour aufs Eindringlichste. Auf den ersten Blick mag sich vielleicht dieses übersehende Barockkapitel allzu sehr an die Spezialisten und Lullyisten wenden. Dirigent Fabia Bonizzoni beweist aber mit La Risonanza sowie den drei fabelhaften Sängerinnen das genaue Gegenteil – beschwingend und seelenbewegend.
Guido Fischer, 09.01.2010
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