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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Johann Sebastian Bach, Joseph Gabriel Rheinberger, Max Reger

Goldberg-Variationen für zwei Klaviere

Yaara Tal, Andreas Groethuysen

Sony Classical 88697 52696-2
(76 Min., 4/2009) 1 CD

Den einen bezeichnet man als den größten Meister aller Zeiten, wenn nicht den Sohn Gottes auf Musikers Erden, seine Werke als universell. Den anderen, weit später Geborenen, kennen nur Eingeweihte, Spezialisten und solche, deren Blick in die Musikgeschichte nicht getrübt ist von kanonischen Eingrenzungen. Nein, kein Zweifel kann daran bestehen, dass die Distanz zwischen Johann Sebastian Bach und Joseph Rheinberger eine enorme ist, was die Wertschätzung ihres Œuvres und was damit die Stellung beider Tonsetzer in der Musikgeschichte angeht. Ohne an der Größe Bachs rütteln zu wollen, sei angemerkt, dass hier eine gewisse Ungerechtigkeit waltet. Als wollten sie selbige belegen, haben sich Yaara Tal und Andreas Groethuysen auf ihrem neuen Album einem Werk gewidmet, das aus Bachs Feder stammt und das sich Rheinberger erkühnte, ein wenig umzusetzen: Die Rede geht von den legendären Goldberg-Variationen. Nun weiß man seit Martin Stadtfelds hochmütigem Versuch, dass nicht jede Bearbeitung Sinn macht. Diese aber macht Sinn. Denn Rheinbergers Hinzufügungen sind aus kompositorischer Logik heraus entstanden (während Stadtfeld seinerzeit infantil und impertinent oktavierte), sie ergeben neue klangliche und somit auch einige semantische Mischungen. Kurz gesagt: Das "Gebäude" Goldberg-Variationen, wie wir es einmal nennen wollen, wird, und dies äußerst behutsam, mit Arabesken versehen, die es in seinem Kern nicht beschädigen, sondern ornamentenreich (und mit stimmführungstechnisch eindrücklichen Mitteln) verzieren. Dass ein großer Polyfoniker wie Max Reger auch daran noch etwas änderte, also gleichsam eine Revision der Revision anfertigte, tut der guten Sache keinen Abbruch, weil auch Reger vorsichtig zu Werke ging. Und eben so tut es das Duo Tal/Groethuysen, in dem es vom Putz nunmehr (und nur mehr) einiges abschlägt, um das eigentliche Kunstwerk wieder freizulegen, aber dennoch die Fassung für zwei Klaviere zu rechtfertigen weiß. Das Spiel des erprobten Klavierduos ist in allen Parametern, vor allem in Dynamik, Klangfarbe und Tempo, von bezwingender Schlüssigkeit, es ist variabel, taktil und ausdrucksstark. Ja, so kann man die Goldberg-Variationen hören: so frisch und vital. Und darüber frohlocken, dass der Name von Joseph Rheinberger auf diese Weise wieder in die Welt gelangt. Was er und sein Träger wirklich verdient haben.

Tom Persich, 17.10.2009


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