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N° 1354
20. - 30.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Ernst von Dohnányi, Zoltán Kodály

"The Hungarian Album"

Guarneri-Quartett

Sony Classical 88697 15838-2
(71 Min., 2004-2006) 1 CD

Auch wenn drei der vier Herren längst ergraut sind, von Pensionärsmüdigkeit kann bei Arnold Steinhardt, John Dalley und Michael Tree keine Rede sein. Seit nunmehr 45 Jahren agieren die Geiger bzw. der Bratschist des Guarneri-Quartetts in obersten Kammermusik-Gefilden – und scheinen aus einem Jungbrunnen zu schöpfen (zumal sie sich mit Peter Wiley, der im Jahr 2000 den Cellostab seines Lehrers und Quartett-Mentors David Soyer übernahm, auch noch eine glückvolle Verjüngungskur verordneten). Das jetzt vorgelegte "Ungarische Album" wartet mit jener forsch-feurigen und präzisionsfanatischen Spielfreude auf, die die Guarneris schon in den Sechzigerjahren mit ihren legendären Beethovenaufnahmen und Rubinstein-Einspielungen an den Tag legten. Überdies verhelfen sie einem Komponisten (wieder) zu Ehren, von dem Bartók 1920 schwärmte: "Das heutige Budapester Musikleben lässt sich in einem einzigen Namen zusammenfassen – Dohnányi." Fragt man hingegen heutige Kammermusik-Ratgeber zu dem 1877 in Pressburg/Bratislava Geborenen, dann wird Ernő (Ernst) von Dohnányi, wenn überhaupt nur verlegenheitshalber als spätromantischer Brahms-Adept erwähnt. Das war er zweifellos auch – aber doch weit mehr, wie nun bei den Guarneris mit Begeisterung zu studieren ist. Allein schon das furios-schauerliche, mit kapriziös synkopierten Widerborstigkeiten dahinstürmende f-Moll-Scherzo der 1906 vollendeten Nr. 2 ist ein Original sondergleichen. Von den emphatisch aufblühenden, weit ausschwingenden melodischen Linien der beiden Ecksätze, insbesondere des 13-minütigen des-Moll-Klagegesanges und den "religioso"-Variationen (aus Nr. 3) hätte sicher auch Brahms geschwärmt, zumal die Guarneris sich hier von einer wunderbar samtenen Sonorität zeigen. Dass Kodály 1916 mit seinem herben, quartstrukturierten, auf Volkstänzen aufbauenden zweiten Gattungsbeitrag radikalere Töne anschlug als der nur fünf Jahre ältere Dohnányi, überrascht nicht. Doch das "Spätromantische", das man Dohnányi allzu gerne anheftet, relativiert sich doch ziemlich angesichts seines mitreißenden, nicht minder ungarophilen dritten Quartetts von 1926. Das ist, zumal bei den Guarneris, (auch) scharfe, paprikascharfe Dissonanzenkost.

Christoph Braun, 18.07.2009


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