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N° 1353
13. - 21.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Stubenjazz

Erste Deutsche Stubenjazz Combo

Bella Musica BM 31.6530
(63 Min., 12/2007) 1 CD

"Stubenjazz", das ist zunächst mal eine aparte Begriffsemulsion – doch wofür steht sie, für eine neue genuine Stilmischung eigentlicher Unvereinbarkeiten oder für ein Produkt, das der unter Jazzveranstaltern grassierenden Manie geschuldet ist, die Musik nur noch zur Aufführung zulässt, wenn sie sich als schräges, spannendes Projekt anpreist? "Stube" steht für Behaglichkeit, Geborgenheit und auch Betulichkeit; bei Jazz denkt man so ziemlich genau an das Gegenteil, an In-die-Welt-geworfen-Sein und Hipness. Wenn nun jemand im äußersten Süden Deutschlands mit Posaune, Kuhlohorn (einer Flügelhornvariante), Akkordeon, Kontrabass und Singstimme "Stubenjazz" macht, setzt er mit der Thematisierung seiner Roots in der heimatverbundenen Stubenmusik ein mächtiges Signal. Eigentlich ein Schuft, wer Böses dabei denkt, schließlich ist Michael T. Otto, Kuhlohornist und Organisator der Band, ein äußerst versierter Bläser der modernen Tradition, das Gleiche gilt auch für Uli Binetsch an der Posaune, der seinen Mangelsdorff vorwärts und rückwärts kennt. Mangelsdorff hat übrigens in den Sechzigerjahren mit dem Folkduo Colin Wilkie und Shirley Hart eine verwandte Jazz-Folk-Synthese versucht; schon damals war das eher betulich hippiesk als jazzig hip.
Das Flair ist bei "Stubenjazz" durch den Einsatz des Akkordeons – und vor allem durch das deutsche Liedgut – ein gutes Stück bodenständiger und auch gewitzter. Die Arrangements kommentieren griffig die Liedinhalte aus dem 18. und frühen 19. Jahrhundert. Junia Vents Stimme hat den typischen, leicht gutmenschelnden Liedermacherinnenschmelz, ihre freieren Vokalisen wirken allerdings etwas vordergründig, so etwa wenn "Die Gedanken sind frei" zum wohl verabredeten Free-Jazz-Vehikel werden. Da ist sie wieder, die gute Stube und ihre Betulichkeit, die durchaus auch behaglich aus dem Gebläse dringt. Aber vergnüglich ist sie eben doch, diese Musik, und so hat man sich denn, ganz im Sinne des Tirilierens bei "Stubenjazz", die vierte Note der Bewertung als die obere Note eines Trillers vorzustellen, so dass die Bewertung selber zwischen den Werten drei und vier oszilliert.

Thomas Fitterling, 23.05.2009


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