Decca Classics/Universal 478 0650
(59 Min., 6/2008) 1 CD
Man kann Julia Fischer nicht nachsagen, sie geige einfach drauf los. Ihre Gesamtaufnahme der drei Violinkonzerte von Johann Sebastian Bach nebst dem Doppelkonzert mit Oboe ist zweifellos durchdacht: Bach ist nicht Mozart, Beethoven oder Brahms, und Fischer will ihn drum in seiner eigenen Zeit abholen; sie hat ihre Bogenführung verkürzt, ihrer Phrasierung frische Luft gegönnt, den Ton verschlankt, das Vibrato gezüchtigt, und sich als Prima inter pares in die Academy of St. Martin in the Fields gereiht. Doch irgendwie will Bach trotz all dieser Vorkehrungen nicht recht mit, fühlt sich von Fischers Avancen nicht angesprochen. Vermutlich, weil die junge Geigerin und ihre Mannschaft nicht deutlich genug formulieren, was sie überhaupt von Bach wollen. Es fehlt ihrer Rede der Akzent, der das Wichtige aus dem Nebensächlichen hebt, es fehlt ihr auch der Atem, der Dinge nicht bloß zusammenfasst, sondern eben auch gliedert, es fehlt ihr Enthusiasmus – sie wirkt brav und einstudiert.
Julia Fischer scheint selbst nicht gänzlich überzeugt von dem, was sie da tut: Warum sonst verschwinden ihre Soli so oft im Begleittext des munter vor sich hinplätschernden Ensembles, als habe sie gerade nichts Wichtiges zu sagen? Man muss also gar nicht einmal die wenigen wirklichen Umgereimtheiten der Aufnahme ins Feld führen, das zu breite Legato oder die arg langen (und historisch deplatzierten) Crescendi, um zum Schluss zu gelangen, dass es diese Begegnung mit Bach nicht gebraucht hat. Möge Julia Fischer mit der Academy wiederkehren, wenn sie mehr auf dem Herzen hat.
Raoul Mörchen, 20.02.2009
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