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N° 1354
20. - 29.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



Es ist erstaunlich, wie umfassend schon bald nach dem Ende der Barockzeit die Musik derselben von klassischen und frühromantischen Meistern wiederaufgegriffen und zum Erklingen gebracht wurde; neben W. A. Mozart ist Felix Mendelssohn Bartholdy einer jener stark am Erbe der Vorväter interessierten und orientierten Komponisten. Freilich wurde die "Alte Musik" damals nicht einfach in der überlieferten Gestalt aufgeführt, sondern sie wurde bearbeitet, teils weil barocke Spielpraktiken vergessen oder Instrumente "ausgestorben" waren, teils weil man den Hörgewohnheiten der Zeitgenossen entgegenkommen wollte oder einfach "Fortschritte" etwa in puncto Orchesterbesetzung und -klang gemacht zu haben glaubte. So stockte Mendelssohn die ursprünglich sogar bratschenlose Streicherbesetzung plus Oboen- und Blockflötenpaar von Georg Friedrich Händels ehemals englischsprachiger Masque "Acis and Galatea" nicht nur um Violen, sondern auch um Hörner, Klarinetten, Querflöten, Trompeten und Pauken auf. Der bei Händel lediglich aus den Solisten zusammengestellte Chor wurde ebenfalls entsprechend vergrößert. Mit diesen Maßnahmen veränderte Mendelssohn den Gesamtcharakter des Stücks nicht unerheblich. Faszinierend ist allerdings, wie differenziert er das umfangreiche Instrumentarium einzusetzen und damit eine übertrieben dicke Klanglichkeit zu vermeiden verstand; eher scheint es ihm um eine Erweiterung der Farbpalette gegangen zu sein.
Der Händelspezialist Nicholas McGegan macht durch seine sehr aus der Perspektive der "Alten Musik" gedachte Umsetzung auf überzeugende Weise deutlich, wie sensibel und gewissenhaft Mendelssohn mit der Vorlage umgegangen ist. Mit McGegan und seinem FestspielOrchester Göttingen ziehen diesbezüglich an einem Strang der hervorragend disponierte NDR Chor sowie Christoph Prégardien, seine begabte junge Nichte Julia Kleiter und Wolf Matthias Friedrich. Einzig der amerikanische Tenor Michael Slattery in der Rolle des Hirten Damon scheint gelegentlich nicht ganz auf dem Posten zu sein: Ihm rutscht die Balance seiner Stimmproduktion immer wieder einmal allzu sehr auf die Seite des Kopfregisters.

Michael Wersin, 10.01.2009


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