Es ist schon Jahrzehnte her, dass Argentinien durch den Saxofonisten Gato Barbieri ins allgemeine Jazzbewusstsein gerückt wurde. Mit dessen Filmmusik zu dem Bertolucci-Filmklassiker "Der letzte Tango in Paris" war dann auch die fast zwanghafte Gedankenverbindung zum Tango wiederhergestellt und die Vorstellung dahin, dass es in diesem Land New-York-orientierten Jazz geben könne. Das allerdings mag sich jetzt mit dem 35-jährigen Pianisten Ernesto Jodos nachhaltig ändern. In seiner argentinischen Heimat ist er längst ein absoluter Jazzstar; mittlerweile machte die Manhattan School of Music ihn zum Gastprofessor, und nun ist auf dem globalen Label RCA-Sony BMG eine bemerkenswerte Jodos-CD erschienen.
Was zunächst ganz unzeitgemäß wirkt, nämlich ein Programm aus Stücken der klassischen Cool-Jazz-Schule, von Kompositionen also eines Billy Bauer, Lee Konitz, Warne Marsh und ihres Spiritus Rector Lennie Tristano, erweist sich als erstaunlich genau auf der Höhe der Zeit. Ernesto Jodos’ Spiel der klaren Linierführung ist so etwas wie eine Brücke, deren erster Bogen die Zeit zwischen dem Tristano-Kreis und den späteren, frei atmenden Explorationen eines Paul Bley überspannt, und deren zweiter Bogen mitten in die aktuelle Epoche des sich stets neu definierenden Klaviertrios etwa eines Marc Copland oder Michael Wollny führt. Ernesto Jodos’ argentinisches Trio verbindet in origineller Weise coole Sensibilität, entschiedenen Swing und raffinierte Harmonik, die sich auch kräftig zuzupacken getraut. Der Schlagzeuger Eloy Michelini erinnert an Barry Altschul, und Bassist Hernán Merlo weiß um Gary Peacock. Dass der Sound dieser CD so unprätentiös unpoliert ist, macht diese Musik schließlich umso erfrischender.
Thomas Fitterling, 08.01.2009
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