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N° 1354
20. - 29.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Joseph Martin Kraus

Cantate per una Primadonna

Simone Kermes, L'Arte del Mondo, Werner Ehrhardt

Phoenix Edition/Naxos PE101
(77 Min., 5/2007, 9/2007) 1 CD

Es war ein merkwürdiges Verhältnis, das Joseph Martin Kraus zur schwedischen Primadonna Lovisa Augusti (1756-1790) pflegte. "Wenn sie uns nur ihren Kehlkopf hätte dalassen wollen", klagte er nach ihrem Tod in komischem Pathos – um im nächsten Atemzug den königlichen Theaterdirektor zu bitten, ihm doch ein neues "Spielwerk" als Ersatz für die beständig kränkelnde Sängerin zu verschaffen. Ganz schlau aus diesem Verhältnis wird man auch nicht, nachdem man die vorliegenden Ersteinspielungen jener Kantaten angehört hat, die Kraus für die Augusti schrieb. Es handelt sich um Werke teils galanten, teils pastoralen Inhalts auf Texte Pietro Metastasios, eines Dichters, den Kraus zwar schätzte, dessen Ästhetik jedoch mit der Sturm-und-Drang-Bewegung, der der Komponist anhing, so gut wie nichts zu tun hatte.
Was die Augusti betrifft, so muss ihre besondere Stärke ausgerechnet in ihren Koloraturen gelegen haben – ein Stilmittel, das der junge Kraus noch gänzlich aus der Oper verbannt sehen wollte. Doch der grandiosen Gurgel der Augusti zuliebe ließ Kraus alle Prinzipien fahren und feiert in ausgedehnten Da-capo-Arien ein Koloraturenfest, das seinesgleichen sucht. Wie er dieses Passagengewitter mit der ihm eigenen sprechenden Melodik und zartbitteren Harmonik zu verbinden wusste und so fein schattierte, berührende Emotionen zu zaubern verstand, ist eine Meisterleistung. Schwer vorstellbar, dass diese Stücke in naher Zukunft von jemandem besser interpretiert werden als von Simone Kermes: Sehr strenge Stimmfetischisten könnten sich zwar darüber aufhalten, dass einige lyrische Passagen in großer Höhe ein wenig zu eng wirken. Doch dies wird mehr als kompensiert durch die einzigartige Mischung aus feinem Stilempfinden, genauem Textverständnis und überwältigender Koloraturfestigkeit, die Kermes' Kunst auszeichnet und ohne die diese Stücke entweder fade oder grotesk wirken würden. Ein Erlebnis!

Carsten Niemann, 01.11.2008


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