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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Jean-Baptiste Lully

Proserpine

Salomé Haller, Stéphanie d'Oustrac, João Fernandes u.a., Le Concert Spirituel, Hervé Niquet

Glossa/Note 1 GCD921615
(152 Min., 9/2006, 11/2007) 2 CDs

Selbst ausgeschlafensten musikalischen Schatzgräbern und Repertoirejägern gelingt immer noch der große Coup. Im Fall des französischen Dirigenten Hervé Niquet sollte dieser aber gleich aus drei Teilen bestehen. Für seine "Tragédie lyrique"-Trilogie spürte er zunächst André Cardinal Destouches' "Callirhoé" und dann Marin Marais' "Sémélé” auf, die unter seinen Händen ihre zweite Geburtsstunde erlebten. Und für den krönenden Abschluss hat er sich ein Werk vom Vater aller Tragédies en musique ausgesucht – nicht ohne es wie die beiden anderen Opern erst einmal auf seine Bühnenwirksamkeit hin abzuklopfen. Und kaum eine Überraschung wäre es nun, wenn auch von Jean-Baptiste Lullys "Proserpine" der Funke überspringen sollte. Auf die Operndramaturgen nämlich, die sich nach dem Händel-Hype auf barockes Neuland vorwagen wollen. Auch wenn Lully in seinem Fünfakter von 1660 nicht ganz auf die großzügigen, lautmalerischen Naturgewalten setzt, wie sie beispielsweise in seiner "Alceste" stecken, so sorgen dafür doch unvergleichlich zart-entrückte Arien und in ihrem spannungsvollen Facettenreichtum großartige Chöre für eine Ausgrabung der Extraklasse.
Schließlich hat Niquet seine mit "Callirhoé" und "Sémélé" vorgegebene Route um keinen Deut verändert. Verve und Emphase, deklamatorischer Ernst und exquisite Sinnlichkeit breiten sich quer durch das Sängerensemble, den Chor und die Instrumentalisten aus. Dabei wird selbstverständlich alles penibel genau beachtet – wie etwa der geforderte Einsatz einer "basse de cromorne", diesem erst Anfang der 1650er Jahre erfundenen, dunklen Oboen-Pendant zum Fagott. Doch weil Niquet das genaue Gegenteil eines Alte-Musik-Buchhalters ist, vergeht die Einspielung wie im Flug. Und bis schließlich die umworbene und dann entführte Proserpine ihren Platz findet – mal bei Pluto, mal bei ihrer Mutter Cérès –, ist man stets gefangen von der durchgängigen Einheit von Musik und Interpretation. So liefert beispielsweise Salomé Haller als Proserpine gleich mehrere Meisterstücke ab. Wie die bittersüße Pastoralszene zu Beginn des zweiten Aktes, in der sie mit dem Nymphenchor regungsvolle Tonschönheit bietet. Oder wie Stéphanie d'Oustrac (Cérès), die die Schmerzensarie "Deserts écartez …” (fünfter Akt) bis in die letzte Nervenfaser auskostet.

Guido Fischer, 27.09.2008


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