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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



"Diese 3-CD-Box", so heißt es in Lettern, die auf einer angegilbten Kreuzritterfahne prangen, "nimmt den Hörer mit auf eine Reise ins Mittelalter". Das ist richtig. Etwas weit hergeholt ist jedoch die Behauptung, dass diese Reise "auf den Spuren der Tempelritter" stattfinde. Der Templerorden – um 1118 gegründet und um 1312 aufgelöst – verband die Ideale des Rittertums und des Mönchtums. Seine ursprüngliche Aufgabe bestand darin, für den Schutz der christlichen Pilger bei ihrer Reise ins Heilige Land zu sorgen. Um diese Mission erfüllen zu können, stützte er sich auf eine ausgefeilte Finanzverwaltung und ein europaweites Netz von Besitztümern. Fast jede bedeutende Musik des Mittelalters, ob sie geistlich oder weltlich ist und wo auch immer sie im 12. Jahrhundert zwischen Nahem Osten und hohem Norden erklang, kann man daher mit den Tempelrittern in Zusammenhang bringen – ohne Neues über diese Herren zu erfahren.
Sicher taugt diese Wiederverwertung verschiedener Mittelalter-CDs der Naxos-Reihe für einen ersten Überblick mittelalterlicher Musik – oder genauer: Sie führt in jene Zeit ein, in der die Notation erstmals einigermaßen fundierte Rückschlüsse auf die tatsächlich erklungene Musik zulässt. Wir lernen die grundsolide Gregorianik der Nova Schola Gregoriana kennen und begegnen auch namhafteren Mittelalterensembles wie Tonus Peregrinus. Im interessantesten dritten Teil der Edition erhalten wir dank der Ensembles Unicorn und Oni Wytars zudem einen Einblick in arabische und sephardische Musikkulturen. Allerdings zeigt sich bei diesem Thema auch die größte Schwäche der Edition: Der grundsätzliche Gegensatz zwischen "ethnischen", kehlig-körnigen Stimmen der arabischen Tradition und dem gelassen-geraden Vortrag der abendländischen Schule, ist nicht mehr zu halten: Interpreten wie Marcel Pérès und sein Ensemble Organum sind hier längst zu wesentlich lehrreicheren und gleichzeitig aufregenderen Reisen aufgebrochen.

Carsten Niemann, 23.08.2008


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