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N° 1354
20. - 28.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Johann Sebastian Bach, Elliott Carter, Artur Schnabel u.a.

Trouvailles

Christina Meißner

HOROS 10308
(78 Min., 12/2007) 1 CD

Dies ist eine hochambitionierte Aufnahme, sie versucht nicht weniger, als das Vorgestern mit dem Heute zu vermählen. Ihr Titel "Trouvailles" bedeutet eigentlich "Fundsachen", aber mit einem Drall ins Wertvolle, also eher "Kunststücke". Sie beginnt mit Gesängen der Trouvères, mit der Musik des elften und zwölften Jahrhunderts, von dem 1969 geborenen René Mense kunstvoll für Solocello eingerichtet. Das kann regelrecht virtuos werden, so in Richtung Paganini, wenn zugleich gegriffen, gestrichen und gezupft wird. Und Christina Meißner hat das gut im Griff. Auch die beiden Stücke von Elliott Carter, die er 1994 beziehungsweise 2001 schrieb und "Figment" nannte – ein Wort, das im Englischen praktisch nur in Verbindung mit "... of imagination" auftritt und eigentlich "Sinnestäuschung" bedeutet. Aber hier kann man wohl "Fantasiestücke" übersetzen, die jedoch für derlei leichte "Anwandlung" verdammt schwere Kost sind. Ähnliches muss gesagt werden über die 1931 komponierte Solosonate des großen Pianisten Artur Schnabel: Hätte er mehr dirigiert, würde man das wohl "Kapellmeistermusik" nennen.
Überhaupt durchweht diese Veröffentlichung ein Hauch von "Projekt-Art", worin nicht an den Hörer gedacht wird, sondern an die Verwirklichung einer Idee. Schon wenn man das Booklet aufschlägt, wird man mit einem Gedicht der Solistin konfrontiert: "Ich will Geschichten erzählen/Ich will im Augenblick vergessen machen/Ich will die Kraft der Zeitlosigkeit teilen/Für ein Treffen/Dazwischen." Nun, Christina Meißner ist eine tüchtige Cellistin, keine Poetin, und mit den Gesängen der Trouvères erzählt sie tatsächlich eine Geschichte (ob sie "die Kraft der Zeitlosigkeit teilt", sei dahingestellt; ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, was sie damit überhaupt meint). Und bei dem anderen Musikwerk von Bedeutung auf dieser CD, Bachs sechster Suite für Violoncello solo D-Dur, beweist die Cellistin, dass sie nicht nur Verve hat, sondern auch sublime Klangfarben. Hier erzählt sie wiederum eine Geschichte, und das mit der gebotenen Eigenheit – denn Aufnahmen der Bach-Suiten hat es nun wirklich schon viele gegeben, darunter einige hoch- und höchstrangige. Etwas abgehoben sind sie ja schon, diese "Trouvailles" ... Aber auch das kann mitunter seinen Reiz haben.

Thomas Rübenacker, 02.08.2008


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