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N° 1353
13. - 23.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Arnold Schönberg, Ferdinand Leicht, Johann Schrammel, Friedrich Cerha u.a.

Schönberg und die Schrammelbrüder

Jenny Renate Wicke, Walter Raffeiner, Klangforum Wien

Col Legno/Harmonia Mundi COL 20276
(64 Min., 5/2006, 12/2006) 1 CD

"Heiß und jauchzend, süß und schmachtend. Melancholisch düstrer Walzer, kommst mir nimmer aus den Sinnen! Haftest mir an den Gedanken, wie ein blasser Tropfen Bluts!" So heißt es in einem Gedicht von Albert Giraud, das Arnold Schönberg für sein nacht- und traumumtostes Melodrama „Pierrot Lunaire“ ausgesucht hat. Und diese Zeilen stecken das Innenleben eines Walzers genauso ab, wie es die Strauß- und Lanner-Dynastie mit ihren vergnügungssteuerpflichtigen Links- und Rechtsdrehungen geschafft hat. Doch natürlich gibt es noch eine dritte Walzer-Spielart. Es ist diese von den legendären Schrammelbrüdern Johann und Josef mit idyllischem Flair und sentimentaler Rührseligkeit imprägnierte Volkstümlichkeit, die bis heute den Sound Wiens ausmacht. Ob Schönberg, dieser von jeher von der mal morbiden, mal federleichten Walzerseligkeit begeisterte Mitvater der Moderne, jemals unmittelbar mit dem Nachlass der Schrammels in Berührung gekommen ist, konnte man bisher nur vermuten. Nach der Einspielung mit dem Klangforum Wien aber ist nun nicht nur dieser Tatbestand geklärt. Dass die direkte Erbfolge bis zum Wiener Lautpoeten Gerhard Rühm und bis zu Friedrich Cerha als Mitbegründer der "Dritten Wiener Schule" reicht, ist jetzt unzweifelhaft belegt.
Mit den phänomenalen Sängern Jenny Renate Wicke und Walter Raffeiner tauchen die eigentlich auf Neue-Musik-Spielarten abonnierten Musiker des Klangforums in die melancholischen Wiener Weib- und Gesangwelten hinein und ab. Im Wechsel mit herrlich säuselnden Wirtshausbekenntnissen ("I und der Mond") und den Fieberthermometern, die Schönberg mitten ins Herz seines Pierrot gerammt hat. Und wenn Cerha den Wein in Schieflage besingt, macht er das so unterhaltsam und schwermütig, wie es sich für einen echten Wiener Seelenblues gehört.

Guido Fischer, 21.06.2008


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