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N° 1354
20. - 29.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



Ihr EMI-Debütprogramm gestaltet die englische Sopranistin Sally Matthews nach eigener Auskunft mit Liedern, die ihr besonders viel bedeuten und ihre Entscheidung für den Sängerberuf maßgeblich beeinflusst haben. Ihre Begeisterung für dieses Repertoire spiegelt sich allenthalben wieder in einer wahrhaft engagierten, ja inbrünstigen Gestaltung auf der soliden Basis eines charakteristischen und wohlklingenden, partiell schon gut durchgebildeten Stimmmaterials. Die zwei Oktaven plus einen Halbton für Schuberts "Hirt auf dem Felsen" hat Sally Matthews ebenso mühelos parat wie die in diesem Lied geforderte Koloraturfähigkeit; an unterschiedlichen Farbennuancen für Poulencs "Fiançailles pour rire" fehlt es ihr prinzipiell ebenso wenig wie an verinnerlichter Leuchtkraft für Strauss' "Morgen". Zudem dürfte die Zusammenarbeit mit dem erfahrenen Begleiter Malcolm Martineau für die Debütantin äußerst fruchtbar gewesen sein.
Aber ein grundsätzliches Problem gibt es doch: Leider verabschiedet sich Sally Matthews schon in der oberen Mittellage von jenem körperhaft-offenen, zum Greifen präsenten Stimmklang, den sie weiter unten durchaus eindrucksvoll zur Verfügung hat; eine kurze Phrase in Strauss' "Das Rosenband" ("Ich sah sie an") offenbart kurzzeitig, aber durchaus elektrisierend die ganze Fülle dieses berückend schönen, sehr charakteristischen Timbres im unteren Abschnitt ihrer Skala. Noch gelingt es der Sängerin nicht, dieses Fundament ihrer Stimme so auszubauen, dass weitere Teile ihres Tonvorrats davon gewinnbringend affiziert werden; vor allem das am Anfang des Programms stehende Mezza-voce-Lied "Nacht und Träume" von Schubert zeigt, dass ein durchgreifendes Fokussieren und Öffnen aller Vokale besonders im Piano noch nicht möglich ist; u. a. auch die melodischen Bögen im lyrischen Mittelteil von "Der Hirt auf dem Felsen" kranken an einer gaumigen Färbung, welche das originelle Kolorit der Stimme von Sally Matthews überlagert. Angesichts ihrer hohen interpretatorischen Leistungsfähigkeit wäre es der Sopranistin sehr zu wünschen, dass sie im Zuge weiterer kompetenter gesangspädagogischer Betreuung noch stärker zu den eigenen stimmlichen Wurzeln findet; wahrhaft einzigartige vokale Gestaltungsmöglichkeiten könnten das Ergebnis solchen Bemühens sein.

Michael Wersin, 01.09.2007


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